„Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“ Lk 2,11f
„Seht und betrachtet dieses zarte Kind; schaut auf ihn, der schon Tränen der Liebe vergießt, der über unsere Sünden weint, unsere Bosheiten… Welches Beispiel der Armut, der Demut, der Loslösung von allen Gütern des Lebens!... Bemühen wir uns demütig zu werden…“ °Pfr. von Ars
Gott hat den Menschen als Sein eigenes Abbild erschaffen, als Mann und Frau (Gen1,27), als Erwachsene also, denen Er im Garten Eden begegnen konnte, auf Augenhöhe, wie es heute so häufig heißt. Gott wollte von Anfang an den Menschen teilnehmen lassen an Seinem göttlichen Leben. Das Gebot des Herrn, nicht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen, war nicht als Fallstrick gedacht, sondern als Geschenk an den Menschen, in freiem Willen dem Plan Gottes zuzustimmen und an Seiner Liebe teilzuhaben: in Empfangen und Hingabe. Liebe aber ist nur möglich in Freiheit, nicht aber in irgendeiner Form von Zwang.
Aber der Mensch hat in der Erprobung versagt durch das Misstrauen, Gott könnte ihm etwas Wesentliches vorenthalten. So wollte er selber nach der Fülle greifen, statt sie sich schenken zu lassen.
Wenn aber Gottes Regeln nicht beachtet werden, kann das Leben nicht mehr gelingen. Das ganze Elend wurde erst im Laufe der Jahrhunderte immer deutlicher, vom Alten Testament an bis heute.
Aus dieser desolaten Situation kann der Mensch alleine sich nicht befreien.
So wird Gott Mensch, um den Menschen eine zweite Chance zu schenken. Er kommt aber nicht als Erwachsener sowie Adam und Eva, sondern als hilfloses Kind. Gottes Sohn nimmt die vollständige Abhängigkeit vom Menschen an, die der Mensch Gott gegenüber verweigert hat. Dieses Kind ist die zentrale Botschaft Gottes an die Menschheit, damals zunächst an Maria und Josef, aber dann an alle Menschen bis heute. Er ist die Einladung, den Weg des An-sich-reißens zu verlassen und den Weg des Empfangens mit diesem göttlichen Kind immer wieder neu zu beginnen.
Das göttliche Kind in der Krippe weint Tränen über die Bosheit der Menschen, über Seine Ablehnung, obwohl doch Sein Volk so lange auf ihn gewartet hat. Humilitas- Demut kommt vom lateinischen humus-Erde. Erde hat Gott genommen und den Menschen gemacht. Diese Erdung, dieses Geschaffen-sein wollten Adam und Eva nicht akzeptieren, sondern so sein wie Gott, und zwar so wie sie sich Ihn vorgestellt hatten. Jesus geht diesen Weg zurück zur Erde vom Beginn der Geburt in der Krippe bis zu Tod und Beerdigung. So will Er durch Sein eigenes Leben vom ersten Augenblick an den Menschen mitnehmen in das Leben göttlicher Liebe.
Der Pfarrer von Ars hat das Drama der Liebe Gottes mit den Menschen zutiefst erkannt und eindringlich zu Umkehr und Demut eingeladen. Dazu gehört Freiwerden von aller Anhänglichkeit an Besitz jeglicher Art. Aber es gehört noch mehr dazu. Wenn Menschen für andere viel gegeben haben und dies in keiner Weise gedankt oder gewürdigt wird, was leider immer wieder vorkommt, dann wird der Weg der Umkehr noch schwerer. Es ist der Weg Jesu, der geweint, gelitten, aber dennoch weiter geliebt hat. Er nimmt Seine Liebe niemals zurück. In dieses Maß Seiner Liebe einzutreten, ist menschlich unmöglich. Aber der Herr ist bei uns. Das allein genügt. Lassen wir Weihnachten nicht zu einer Idylle herabsinken, sondern nehmen wir Jesus in unserem Herzen auf. Dann werden unsere Tränen Seine Tränen, unser Schmerz Sein Schmerz. Unsere Unfähigkeit zur Liebe wandelt Er in Liebesfähigkeit. Dann ist Weihnachten in uns. Der Pfarrer von Ars wird uns auf diesem Weg der Liebe mit seiner machtvollen Fürsprache beistehen.
20.11.2024 ih
°jesusmarie.free.fr/jean_marie_vianney_cure_d_ars_sermons_tome1.html, POUR LE JOUR DE NOËL (DEUXIÈME SERMON), übersetzt ih