Christkönigssonntag 22.11.2020 Lesejahr A

 

„Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan…“ Mt 25,40

<< Wenn wir Almosen geben, muss man denken, dass es der Herr ist und nicht die Armen, denen wir es geben. Oft glauben wir einem Armen Erleichterung zu verschaffen, aber es zeigt sich, dass es der Herr ist. Seht den heiligen Johannes von Gott. Er hatte die Gewohnheit, den Armen die Füße zu waschen, bevor er sie essen ließ. Als er sich eines Tages über die Füße eines Armen beugte, sah er, dass dieser Arme durchbohrte Füße hatte. Mit Ergriffenheit richtete er sich auf und rief aus: „Das bist doch du, Herr!“ Unser Herr sagte ihm: „Johannes, ich freue mich zu sehen, wie du dich um meine Armen sorgst.“ Und er verschwand.>> Pfr. von Ars°

 

Christkönigssonntag, der letzte Sonntag im Kirchenjahr zeigt uns in Christus einen völlig anderen König als es unseren Vorstellungen entspricht. Provokativ und herausfordernd, barmherzig und gütig ist dieser Christkönig.

Er stellt sich mit den Geringsten gleich und misst unser Verhalten an der Sorge für die Geringsten. Oft haben wir diesen Text schon gehört und scheinen ihn zu kennen. Aber haben wir uns schon einmal gefragt, wer von den Menschen denn überhaupt als der Geringste angesehen werden will? Wahrscheinlich finden wir da niemanden. Jeder ist sich in irgendeiner Weise seines Wertes, seiner Würde bewusst und will eben gerade nicht der Geringste sein, der etwas von den Größeren empfängt, was ihn zur Dankbarkeit verpflichtet.

Schauen wir auf den Herrn, der uns unaufhörlich mit Gaben beschenkt, auch dann, wenn wir ihm keine Dankbarkeit erweisen, auch dann, wenn wir unsere eigenen Wege gehen, was ihn schmerzt, aber nicht seine Großzügigkeit und Güte mindert. Er selbst macht sich zum Geringsten, den wir leicht als Urheber so vieler Gaben und Gnaden übersehen können. Er lässt uns immer die Freiheit, auf seine Gaben mit Liebe und Dank zu antworten oder aber mit Gleichgültigkeit, die nicht einmal den Spender der Gaben wahrnimmt.

Der Pfarrer von Ars wusste, wie beschämend es für Arme oft ist, auf die Gaben anderer angewiesen zu sein. Und er war sehr erfinderisch in der Art seiner Hilfe. Er kümmerte sich besonders um die Mutter Bichet, eine blinde Frau, die neben der Kirche wohnte. Ihr half er besonders gern, „weil er ihr Almosen reichen konnte, ohne dass sie den Wohltäter erkannte“. „Er trat leise zu ihr hin, legte seine Gabe – Lebensmittel oder Geld – in ihre Schürze und zog sich, ohne ein Wort zu sagen, wieder zurück. Die gute Blinde meinte, es mit einer Nachbarin zu tun zu haben und sagte jedes Mal: „Danke, mein Schatz, danke vielmals!“ Darüber lachte der Pfarrer im Fortgehen aus ganzem Herzen. °²

Wenn wir den Armen etwas geben wollen, müssen wir uns mit dem Herrn zum Geringsten machen, um sie nicht zu beschämen. Der Pfarrer von Ars zeigt uns, mit welcher Pfiffigkeit und Freude dies möglich ist. So werden wir immer mehr eins mit dem Herrn.
4.11.2020 ih

Aus: Abbé Monnin, Esprit du Curé d’Ars, 4. August 1864, Nouvelle Édition 2007, S.237, übersetzt ich
°²Francis Trochu, Der Pfarrer von Ars, 2001, S.411