20. Sonntag im Jahreskreis 16.08.2020 Lesejahr A

„Und siehe, eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu ihm und rief: hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält. Jesus aber gab ihr keine Antwort.“ Mt 15,22f

Zehn lange Jahre, „zehn Jahre des Elends“, empfand Katharina Lassagne, später seine glühende Bewunderin, „ihm gegenüber ebenso viel Furcht wie Verehrung. Sie ging sogar so weit, bei Gott um die Entfernung des Priesters anzuhalten, dessen Leitung sie unausstehlich fand.“ Er wollte sie eben vollkommen sehen und ließ deshalb keine Schwäche hingehen.°

 

Warum behandelt der Herr die kanaanäische Frau so herablassend und verletzend? Dies entspricht doch überhaupt nicht unserem Bild von Jesus, der gekommen ist, um uns die Barmherzigkeit des Vaters zu zeigen. Selbst wenn Seine Sendung nur dem Hause Israel gegolten hätte, würden wir uns die Ablehnung der Bitte doch wenigstens milder vorstellen.  Die knallharte Reaktion verletzt eigentlich nicht nur die Frau, sondern auch uns. Ist der Herr wirklich auch so?

Vorschnelle Antworten gibt es darauf nicht. In all unserem Bemühen, dem Herrn näherzukommen, stoßen wir immer wieder an unsere Grenzen, unser Nichtverstehen. Haben wir selber nicht auch schon so oft Ihn um etwas gebeten und Er hat geschwiegen? Hat das nicht auch unseren Glauben stark auf die Probe gestellt: „ Er sorgt sich doch nicht um mich, sieht meine Not nicht, verbirgt sich….“

 

Auch Jean Marie Vianney hat besonders in den Anfangsjahren seine Pfarrkinder vor den Kopf gestoßen, und zwar massiv, sodass sie ihn zunächst heftig abgelehnt, gedemütigt  und sogar bekämpft haben. Seine treueste Mitarbeiterin Katharina Lassagne brauchte zehn Jahre, um sich an seine Art zu gewöhnen.

So wie seinem Meister Jesus Christus ging es auch dem Pfarrer von Ars nicht um  ein billiges Einvernehmen miteinander auf Kosten der Wahrheit und der vollkommenen Hingabe. Er war auf das Absolute ausgerichtet, dass eben nicht mit einem oberflächlichen Zudecken all dessen, was Gott nicht entspricht, erreicht werden kann. Und wer mag schon gerne in seinen Lebensgewohnheiten korrigiert werden?

Auch der Pfarrer von Ars hat  wie Jesus unter Ablehnung gelitten, aber dann nur noch mehr seine Zuflucht beim Herrn gesucht.

Wie sehr wir uns auch bemühen, wir werden Gottes Wege nie ganz verstehen.

So wie die Frau aus Kanaan die Heilung ihrer Tochter trotz aller Verletzungen nicht aus dem Auge verloren hat, so müssen auch wir immer oder wenigstens immer wieder  unseren Blick auf das endgültige Ziel beim Vater richten.

Gott groß sein lassen, Gott Gott sein lassen, hilft in dunklen Phasen des Lebens nicht aufzugeben. Er hat immer Pläne des Heils, auch wenn wir sie nicht verstehen.
27.07.2020 ih

Aus: °Trochu/ Widlöcher: Der Heilige Pfarrer von Ars,5. Auflage, 1947, S.159