19. Sonntag im Jahreskreis 9.08.2020 Lesejahr A

 

„Nachdem Jesus die Menge gespeist hatte, drängte er die Jünger, ins Boot zu steigen und an das andere Ufer vorauszufahren. Inzwischen wollte er die Leute nach Hause schicken. Nachdem er sie weggeschickt hatte, stieg er auf einen Berg, um für sich allein zu beten. Als es Abend wurde, war er allein dort.“ Mt 14,22f

„Man weiß nicht, wie viele Tränen ich auf diesem armseligen Bett geweint habe. Seit dem Alter von elf Jahren suche ich die Einsamkeit; man hat sie mir immer verweigert.“° Pfr. Von Ars

 

Kennen wir nicht auch, wenigstens manchmal, die Sehnsucht nach dem Alleinsein mit dem Herrn, wenn die täglichen Pflichten oftmals kaum Zeit mehr für ein stilles Gebet erlauben? Es scheint dann so, als ob wir vor dem Paradies stehen, aber die Tür verschlossen ist.  Die Sehnsucht aber bleibt.

Auch der Herr suchte die Einsamkeit, ja er drängte geradezu die Jünger vorauszufahren, um schneller allein sein zu können.

Die Sehnsucht nach der Einsamkeit brannte im Pfarrer von Ars sein ganzes Leben lang. Auch seine dreimaligen Fluchtversuche entsprangen der Sehnsucht nach Einsamkeit, nach dem Alleinsein mit dem Herrn. Aber der Herr hat ihm diesen Rückzug in die Einsamkeit nicht erlaubt.

Wäre seine Sehnsucht als Trappist denn wirklich gestillt worden?

„Selbst in der stillen Abgeschiedenheit einer Kartause wäre Vianney nicht auf seine Rechnung gekommen.  Denn er will das Ganze. Und der Durst der Auserwählten wird erst im Himmel gestillt, im Strom der Ewigkeit.“ °² Dieser Sicht des Schriftstellers Henri Ghéon kann nur zugestimmt werden. Alles, was wir hier auf Erden vom Herrn, von der Ewigkeit erahnen dürfen, hinterlässt eine immer noch größere Sehnsucht nach Ihm allein.

Danken wir dem Herrn, wenn wir diese Sehnsucht spüren dürfen. Denn auch Er kannte diese Sehnsucht mehr als wir  und hat sich doch niemals seinem Auftrag für die Menschen entzogen. Jean-Marie Vianney ist diesen Weg gegangen. Er wird auch uns helfen, unseren Aufgaben nicht zu entfliehen. Denn genau da sind wir beim Herrn. Und doch wird immer wieder die Sehnsucht nach dem Alleinsein mit dem Herrn bleiben.

22.07.2020 ih

°Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, 1959, S.99

°²Henri Ghéon, Der Heilige Pfarrer von Ars 1930, S.167f