14. Sonntag im Jahreskreis 5.07.2020 Lesejahr A

„Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht“  Mt 11,29f

„Aus uns selbst sind wir nichts.“ ° Pfr. von Ars

Viele Fragezeichen möchten wir an die Worte Jesu anfügen. Wie oft empfinden wir doch sein Joch als sehr schwer, drückend und kaum  zum Aushalten. Und  doch gelten die Worte Jesu immer - in ihrer Wahrheit und in ihrem Ewigkeitsgehalt. Es kann auch nicht sein, dass wir Worte des Herrn, die wir nicht verstehen, einfach übergehen.

Wir kennen die ungeheuchelte abgrundtiefe Demut des Pfarrers von Ars. Wie konnte diese Demut in ihm so intensiv aufleuchten?

Schon in den ersten Aufzeichnungen kurz nach seinem Tod  finden wir eins  dieser Erlebnisse mit dem Pfarrer von Ars, die uns die Quelle seiner Demut zeigt.

Ein Philosoph kam aus Neugierde nach Ars, um den viel gerühmten Pfarrer kennenzulernen. Als er ihn in seiner armseligen Kleidung und in seiner ganzen Einfachheit erblickte, rief er aus:“ Er ist nichts anderes, als das. … Ich erwartete zu sehen … Wenn ich das gewußt hätte! … Viannay kam damals gerade aus der Kirche. Als derselbe den armen Philosophen sah, welcher ganz außer Fassung darüber war, dass er dem Rufe zu sehr geglaubt hatte, meinte er ein Wort des Trostes an ihn richten zu müssen. Wahrlich, mein Herr, sagte er sanft, ich bin ein ganz anderer Mann, als Sie sich gedacht haben, sodass man Sie getäuscht hat, und Sie die lange Reise vergeblich gemacht haben. Es war gewiß nicht nötig, so weit herzukommen, um den elendesten und unwissensten Menschen zu sehen.  Diese wenigen Worte brachten eine völlige Umwandlung in der Seele des Ungläubigen hervor, indem er jetzt schon hingerissen von Verwunderung die Worte ausrief: „Wahrlich, das ist der Mann, den ich suchte!“°²

Der Gelehrte hat im Heiligen Pfarrer nicht die Weisheit dieser Welt gefunden, wohl aber den Herrn selbst, dem er durch die Demut Seines Dieners begegnet ist.

Immer mehr eins werden im Herrn, Ihm Raum geben, Ihn wirken lassen, ist menschlich kein leichter Weg, führt aber in die Ruhe Gottes, in die Erfüllung der tiefsten Sehnsucht des  Menschenherzen  und ist auch Heilsweg in der Verworrenheit unserer Zeit. Bitten wir den hl. Pfarrer von Ars, uns immer tiefer in die Demut des Herrn mitzunehmen.
16.06.2020 ih

 

° Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S.251
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Biographischen Nachrichten über Jean Baptiste Marie Vianney gestorben im Rufe der Heiligkeit am 4. August 1859“ von J. Chantrel, 1863, S. 52f