Weihnachten 2022

„Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen…

Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ Lk 2,1;2,6f

„Ihr seid nichts durch euch selbst … Ihr seid nichts, aber Gott ist mit euch.“
°Pfr. von Ars

Zwei Ereignisse berichtet das Weihnachts-Evangelium, die Herrschaft des Kaisers Augustus, der zum ersten Mal den ganzen Erdkreis in Steuerlisten eintragen lässt, um noch mehr Geld einzutreiben, noch erfolgreicher das Römische Reich zu beherrschen und in noch mehr Prunk zu leben.

Und in diesem Kaiserreich kommt ein Kind zur Welt, das keinen Platz in der Herberge gefunden hat. Eine größere Diskrepanz gibt es wohl kaum.

Das weströmische Reich ist trotz aller Macht und Pracht 476 untergegangen, das Oströmische Reich 1453. Das neugeborene Kind in der Krippe wird heute noch von der ganzen Christenheit verehrt, besonders an Weihnachten.

Gott offenbart sich in  Ohnmacht, Schwäche, Armut, ein Ärgernis von Anfang an bis heute. So kann doch Gott wohl nicht sein! So dachten nicht nur damals Juden und Heiden. Auch wir Christen sind immer wieder versucht, an der Ohnmacht Gottes, so wie wir  sie wahrnehmen, Anstoß zu nehmen. Warum greift Er denn nicht ein? Warum ändert Er nicht, was Seinem Evangelium  widerspricht? Warum ändert Er auch nicht uns selbst nach Seinem heiligen Plan, dem wir doch entsprechen möchten und trotz aller Bemühungen nicht können.

Gott bleibt in Schweigen, Armut, Ohnmacht in der zumindest bei uns immer größer werdenden gähnenden Leere Seiner Kirche. Er bleibt bei uns, auch wenn wir nicht bei Ihm bleiben und Er wirkt weiter.

Die Französische Revolution 1789 wollte endgültig dem Christentum ein Ende bereiten. Aber Gott schenkt der Welt einen armseligen Dorfpfarrer, der nur mit größtem Nachsehen der Verantwortlichen zum Priestertum zugelassen wurde. Durch ihn baut der Herr die Kirche wieder auf.

Aus dem ständigen Bewusstsein seiner Nichtigkeit hat Jean Marie Vianney vor Gott gelebt und wurde so zu einem Werkzeug in den Händen Gottes, durch das unermessliche Gnaden zu den Menschen geflossen sind und bis heute fließen.

Wir weigern uns dagegen, nichts zu sein, so wie der Pfarrer von Ars es gesagt und gelebt hat. Aber dabei vergessen wir, dass genau in diese Nichtigkeit hinein Gott in seiner Größe und Allmacht wirkt.

Warten wir nicht, dass Er machtvoll eingreift, um die Sorgen und Nöte von Welt und Kirche und unsere persönlichen Probleme zu lösen. Gehen wir mit dem Pfarrer von Ars an die Krippe und beten wir den neugeborenen Gottessohn an, der in Windeln gewickelt ist. Dies war das Zeichen für die Hirten. Erstaunlich, benötigt doch jedes Neugeborene Windeln. Dies ist ein Zeichen der menschlich erscheinenden Ohnmacht Gottes. Denn das neugeborene Kind weiß nicht einmal, dass es Windeln benötigt. Jesus lässt sich total in das Menschsein einbinden, bis Er nach Seinem Tod in Leinentücher gewickelt werden wird.

Lassen wir uns auf die Fürsprache des Pfarrers von Ars hineinnehmen in die Ohnmacht des Kindes in der Krippe, ohne  Angst, etwas zu verlieren, sondern mit Vertrauen, dass Gottes auch heute in uns und durch uns wirken will.

6.12.2022 ih

° Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959 S.247