Palmsonntag 2.04.2023 Lesejahr A

„Einer der Zwölf namens Judas Iskariot ging zu den Hohenpriestern und sagte: Was wollt ihr mir geben, wenn ich euch Jesus ausliefere?“ Mt 26,14f

„Nichts betrübt das Herz Jesu mehr, als zu sehen, dass all sein Leid für so viele vergeblich war.“° Pfr. von Ars

„Nie will ich deinen Feinden das Geheimnis verraten, noch will ich dir einen Kuss geben wie Judas, sondern wie der Schächer am Kreuz bekenne ich dir: Herr gedenke meiner in deinem Reiche.“ So singt die Ostkirche während der Kommunion des Priesters.

Der Verrat des Judas an Jesus ist erschütternd bis heute. Aber hat denn nur Judas Verrat geübt? Haben nicht auch alle anderen Jünger den Herrn verraten, als sie ihn verlassen hatten. Und wie steht es mit uns?

Es wäre zu einfach, die Möglichkeit zum Verrat nur anderen zuzutrauen und sich dabei selbst auszunehmen. Dann würde die Ostkirche nicht regelmäßig diesen Hymnus singen.

Die Jünger haben sich etwas vom Herrn erhofft, was offensichtlich nicht in Erfüllung gegangen ist. Jetzt ist nicht nur das Leben Jesu bedroht, sondern auch ihr Leben. Diese Enttäuschung ist bitter.

Was gewinne ich, wenn ich nicht mehr mit Jesus gehe? Scheinbar kann ich dann meine eigenen Pläne und Vorstellungen endlich wieder durchsetzen.

Ist nicht jedes Hadern über widrige Ereignisse in meinem Leben auch ein Abwenden vom Herrn? Möchten wir nicht öfters Gott Vorschläge machen, wo und wie Er eine Situation verbessern sollte? Manche Fürbitten in der hl. Messe  scheinen aus diesem Grundgedanken entstanden zu sein.

Aber der Herr bleibt dem Auftrag Seines Vaters treu. Er geht den Weg des Leidens und der Liebe. So kann Jesus nochmals vor Seiner Festnahme Judas eine Brücke bauen:  „Freund, dazu bist du gekommen?“ (Mt26,50) Der Herr nennt seinen Verräter Freund, obwohl Ihn nach den Worten des Pfarrers von Ars nichts mehr betrübt, als zu sehen, dass sein Leid vergeblich war.
Eine solche Liebe ist unfassbar, ist göttlich.
Er nennt auch uns dann noch Freund, wenn wir uns von ihm abwenden. Dieses Wort trifft wie ein Pfeil das Herz.
Wer Jesus sieht, hat den Vater gesehen ( Joh.14,9). Der Herr offenbart uns in Seiner Person die Liebe des Vaters. Die Tränen Jesu sind die menschlich gewordenen Tränen des göttlichen Herzens des Vaters, sie strömen unmittelbar aus dem Herzen des Vaters, um uns zu reinigen, heilen und heiligen. Die Liebe des Vaters, die in Jesus sichtbar geworden ist, ist größer als unser Verrat.
Lassen wir doch wie die elf übrigen Apostel diese Liebe Gottes in unser Versagen hinein.  Vertrauen wir uns kindlich im Schmerz über uns selbst dem Herrn an.
Der Pfarrer von Ars, der immer wieder gegen die Verzweiflung kämpfen musste, nimmt uns an der Hand und lenkt unseren Blick auf den verratenen Herrn, der auf uns in Sehnsucht  wartet.
23.02.2023 ih

  • Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg Bernard Nodet, 1959, S.61