„Jesus…stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war.“ Joh 13, 3ff
„Wenn man ihn sah, so erinnerte man sich unwillkürlich an das Lob, welches Olier dem Pater de Condren spendet: Er war nur eine Erscheinung und gleichsam eine Hülle dessen, was er zu sein schien. Er war wie eine Hostie unserer Altäre: äußerlich sieht man die Gestalt des Brodes, im Innern aber ist es Jesus Christus.“°
Mit einem Leinentuch umgürtete sich der Herr und mit dem Leinentuch hat er den Jüngern die Füße nach dem Waschen abgetrocknet.
Zum Versöhnungstag musste sich der Hohepriester nach dem Baden ein Leinengewand anlegen und mit einem Leinengürtel gürten. Das sind heilige Gewänder (Lev 16, 4).
Wenn der Herr Sein eigenes Gewand ablegt und sich mit einem Leinentuch bekleidet, offenbart Er sich den Aposteln als endgültiger Hohepriester. Er legt das Alltägliche in vollkommener Erniedrigung ab bis in den Tod, da auch Sein Leichnam in Leinentücher eingehüllt werden wird. So tritt Er ein in den priesterlichen Dienst der Ganzhingabe an den Vater.
Der Herr vollzieht Seinen hohepriesterlichen Dienst an den Aposteln in der Fußwaschung mit dem Auftrag, nach Seinem Beispiel ebenso zu handeln. Nicht mehr sie werden später beim Abendmahl handeln, sondern der jetzt in ihnen wohnende Herr. Dieser priesterliche Dienst verlangt in der Kraft des Herrn die völlige Hingabe bis zum Tod.
Die Apostel werden in sakramentaler Weise in den priesterlichen Dienst hineingenommen mit dem Auftrag, dem Beispiel des Herrn zu folgen.
„Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen“ (Gal 3,27).
Aber auch die Getauften sollen alles Gottferne, rein Irdische ablegen und mit Christus bekleidet werden.
Bei der Fußwaschung geht es also nicht zuerst um ein Beispiel der Demut, sondern um eine vollkommene Hineinnahme des Menschen in Jesus Christus. In der heiligen Eucharistie richtet der Herr das Bild des gefallenen Adams und Evas als Abbild Gottes wieder auf, in noch größerer Schönheit als bei der Schöpfung.
Das oben zitierte, auf den Pfarrer von Ars übertragene Lob zeigt, wie total die Umwandlung des alten in den neuen Menschen im Herrn Jesus Christus möglich ist. Dies überschreitet weit irgendeine Aufforderung zur Tugend der Demut. Es geht um das Ganze, das Sterben des alten Adams und Evas und Neuwerden in Christus Jesus. Haben wir keine Angst vor diesem Weg der totalen Hingabe im Herrn. Der Pfarrer von Ars wird uns dabei helfen.
1.03.2023 ih
°Aus: „Das innere Leben des im Geruche der Heiligkeit des gestorbenen Pfarrers von Ars J. M. Vianney“, übersetzt von Dr. Adolph Plifke, 1867, S.156
Charles de Condren (1588-1641), Beichtvater von
Jean-Jaques Olier (1608-1657, seit 1901 Seligsprechungsprozess)