6. Sonntag im Jahreskreis12.02.2023 Lesejahr A

„Darum sage ich euch: wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ Mt 5,20

„Wenn ich wach werde und aufstehe, vergegenwärtige ich mir das Kind Jesus, der beim Erwachen sich Gott seinem Vater als Opfer darbrachte; um ihn nachzuahmen, bringe ich mich Gott zum Opfer dar, indem ich ihm meinen Tag und meine Arbeiten weihe.“ ° Pfr. von Ars

Waren die Seligpreisungen, die vor der heutigen Lehre stehen, schon so herausfordernd, dass sie kaum erfüllbar erscheinen, so sind es die weiteren Worte des Herrn noch weit mehr, sodass dagegen Widerstand und Ablehnung zu erwarten ist. Sie scheinen nicht nur eine Herausforderung, sondern eine totale Überforderung zu sein. Der Herr spricht mit großer Vollmacht, wenn Er sechsmal betont:  ich aber sage euch. Mit Erschrecken müssen wir feststellen, dass das wir dann überhaupt nicht bestehen können.  Wer hat nicht schon seinem Bruder gezürnt und blieb im inneren Unfrieden?

Besonders brisant ist angesichts der heutigen Diskussionen in unserer Kirche Jesu Stellungnahme zur Ehescheidung.

Klaus Berger weist darauf hin, dass das Verbot der Ehescheidung fünfmal bezeugt ist, so oft wie kein anderes Jesuswort und beleuchtet den Sinn dieses Verbotes:

„Aber Jesus meint auch sich selbst als den neuen Bräutigam des endzeitlichen Gottesvolkes. Wenn die messianische erneuerte Ehe Gottes mit seinem Volk das Ziel der Geschichte ist, diese fröhliche Hochzeit, dann liegt alles daran, die natürliche Anschauungsbasis für dieses hohe Ziel nicht preiszugeben oder für beliebig zu erklären.“ °²

Der Herr wollte keineswegs einen Katalog von Vorschriften verkünden, die unerfüllbar sind, sondern den Menschen in Seiner Person in neuer Heiligkeit wieder aufrichten, so wie Gott ihn von Anfang an gedacht hatte. Und Jesus weiß, dass wir aus eigener Kraft dazu unfähig sind.  Beim Sündenfall hat der Mensch sein Ja Gott gegenüber verweigert und auf eigene Leistung gebaut. Im Leiden und Kreuzestod wandelt der Herr das Nein des  Menschen in ein Ja zum Vater. Nur Er als Gottes Sohn war dazu fähig und macht uns in der Einheit mit Seiner Person ebenfalls zu diesem Ja fähig. Die Heiligkeit ist ein Geschenk des Herrn, das wir in Seiner Gnade annehmen dürfen und können.

Das heutige Evangelium endet mit den Worten: „Eure Rede sei: Ja ja, Nein nein; was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen“ (Mt 5,37). Dies fasst den Sinn der Lehre Jesu zusammen, das Ja zu Gott und das Nein zum Bösen.  

Der Pfarrer von Ars ist diesen Weg gegangen, wenn er sich morgens ganz mit Jesus als Kind vereint hat und dem Vater den ganzen Tag und alle Arbeiten anvertraut hat. Kindsein vor Gott  ist die Haltung des Empfangens. So beginnt das Reich Gottes schon in uns hier auf der Erde. So können wir Licht werden, wozu uns der Herr im Evangelium des vergangenen Sonntags eingeladen hat.  Mit dem Pfarrer von Ars können wir den Weg der Einheit mit dem Jesuskind gehen, damit Gott Großes auch heute tun kann.
16.01.2023 ih

° Aus: Mgr René Fourrey, Ce que prêchat le Curé d’Ars, 2009, S.41, übersetzt ih

°² Klaus Berger, Kommentar zum Neuen Testament, 2012, S.35