„Jesus antwortete ihnen: geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet.“ Mt 11,4f
„Das sicherste Mittel, dieses Feuer (der Liebe unseres Herrn) in den Herzen der Gläubigen zu entzünden, ist, ihnen das Evangelium zu erklären. In diesem Buch der Liebe zeigt sich unser Herr in jeder Zeile in der Liebenswürdigkeit seiner Milde, seiner Geduld, seiner Demut, als Freund und Tröster des Menschen, als derjenige, der zu ihm von der Liebe spricht und ihn auffordert, sich ihm ganz zu schenken, als jener, der nur mit Liebe antwortet.“ ° Pfr, von Ars
Johannes, der sein Leben eingesetzt hat, um dem Herrn den Weg zu bereiten, und nun für sein Zeugnis im Gefängnis sitzt, ist sich nicht sicher, ob Jesus der erwartete Messias ist. Die Menschen mussten sich erst an das Geheimnis Jesu herantasten. Davon waren auch Johannes der Täufer und die Jünger nicht ausgenommen.
Aber betrifft dies uns nicht ebenso? Kommen auch uns nicht manchmal Zweifel, wenn wir in unserer Kirche uns gelegentlich in eine Ecke gestellt fühlen? Gewiss, wir glauben an Jesus Christus. Aber auch an alles, wie Er es im Evangelium hinterlassen hat? Seine Botschaft ist keine Lehre, Seine Botschaft, das ist Er selbst.
Genau darauf zielt die Antwort Jesu an Johannes. Die Zeichen Seines Wirkens als Messias zeigen eine Steigerung. Wenn auch die Macht, Krankheiten zu heilen, groß ist, so ist die Fähigkeit, Tote zu erwecken, ausschließlich Gott vorbehalten. Nur Er ist Herr über Leben und Tod.
Unser menschlicher Blick reicht aber nur bis zum Ende dieses Lebens. Eine weitere Steigerung ist die Verkündigung des Evangeliums an die Armen, die ihnen den Weg zum Leben in der Herrlichkeit des Vaters öffnet.
Lassen wir uns davon berühren und erschüttern! Die Verkündigung des Evangeliums ist etwas Größeres als die Heilung von Krankheiten. Ist uns das bewusst, wenn wir in der heiligen Messe dem Evangelium zuhören? Wenn nicht, liegt das vielleicht daran, dass wir vor Gott unsere Armut noch nicht erkannt haben? Denn der Herr spricht von der Verkündigung des Evangeliums an die Armen. Da sind nicht nur die materiell Armen, die sich durchaus auch dem Wort des Herrn verschließen können, gemeint, sondern die, die in eine Beziehung mit dem Herrn treten, von Ihm alles empfangen wollen, um Ihn im eigenen Leben wirken zu lassen.
Der Pfarrer von Ars hat die Bedeutung des Evangeliums tief erfasst. Er sieht darin die Offenbarung der Liebe des Herrn zu jedem einzelnen, die niemals aufhört. Denn Er hat eine unstillbare Sehnsucht, den Menschen an sich zu ziehen und ihn in alle Ewigkeit bei sich wohnen zu lassen.
Jean-Marie Vianney verkündet sogar: „Wer das Wort Gottes mit dem echtem Wunsch, es sich nutzbar zu machen, anhört, ist Gott wohlgefälliger als derjenige, der ihn in der heiligen Kommunion empfängt“°².
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“, bekennt Jesus von sich selbst
(Joh 14,6). In Seinem Evangelium zeigt uns der Herr den Weg zu Ihm, offenbart uns die Wahrheit des Vaters und schenkt uns das Leben.
Der heilige Pfarrer von Ars möge uns die Gnade erflehen, unsere Armut vor dem Herrn zu erkennen und im Evangelium den Weg zum ewigen Leben anzunehmen.
17.11.2022 ih
° Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, !959,S.154
°² ebenda S. 153