24. Sonntag im Jahreskreis 17.09.2023 Lesejahr A

„Hättest nicht auch du mit deinem Mitknecht Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte? Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Peinigern, bis er die ganze Schuld bezahlt habe. Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt.“ Mt 18,33ff

„Ich gebe euch ein neues Gebot: dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe!...
Und ich, ein Christ, zu dieser Selbstverleugnung, zu diesem Opfer meiner selbst muss mein Weg gehen, um dem Nächsten zu dienen und ihn zu retten. Diese Liebe Christi muss ich widerspiegeln, oder andernfalls von ihm verworfen werden, nicht mehr sein Kind sein, denn die Familienmerkmale würden mir fehlen… °Pfr. von Ars

Wieder ein Text des Evangeliums, der uns erschüttert und ratlos macht. Die drastischen Worte des Herrn sind nicht zu überhören, auch wenn es starke Tendenzen gibt, diese Worte zu verschweigen. Wir möchten sie eigentlich übergehen. Aber es dienen doch alle Worte des Herrn ausschließlich unserem Heil. Denn zu unserem Heil ist Christus auf die Welt gekommen.
Das Gebot dem Nächsten zu verzeihen, ist uns noch einsichtig. Wir erkennen, dass es dem Frieden der Menschen untereinander dient. Aber Verworfen-sein vom Vater, wenn wir nicht vergeben, trifft uns bis ins Herz.
Der Pfarrer von Ars lehrt immer wieder, dass nicht Gott mich verwirft, sondern ich mich selbst durch meine eigene Schuld. Wir sind geschaffen als Ebenbild Gottes und sollen Seine Güte, Liebe, Barmherzigkeit und Vergebungsbereitschaft in dieser Welt widerspiegeln. Wir leben von der Vergebung Gottes. Kein Mensch hätte sonst die Möglichkeit, den Weg zum Vater zu gehen. Wir wissen genau, dass wir der Liebe Gottes nicht entsprechen und auf Seine erbarmende Vergebung angewiesen sind. Wie oft verletzen wir doch unsere Nächsten, häufig auch ohne es zu merken. Und doch hoffen wir, dass unserer Nächster uns nichts nachträgt und gut zu uns ist.
Die Vergebungsbereitschaft ist ein Zeichen der Zugehörigkeit zur Familie Gottes.
Wie könnte ich es in der Ewigkeit in dieser Familie aushalten, wenn ich selbst sogar nicht dazu passe, in mir Groll, Hass und Zorn trage?
Aber auch wenn wir bereit sind, dem Nächsten zu vergeben, so kennen wir doch auch unsere Schwachheit. Oftmals können wir es einfach nicht, besonders wenn es sich um etwas sehr Schwerwiegendes handelt.
Auch Jean-Marie Vianney hat besonders am Anfang seines priesterlichen Dienstes in Ars durch Verleumdungen und Widerspruch diese Situation erlebt und darum gerungen, sie anzunehmen.
„Man muss um Liebe zu den Kreuzen beten: dann werden sie süß. Ich habe es erprobt: vier oder fünf Jahre hindurch bin ich verleumdet worden, wurde mir widersprochen, wurde ich herumgestoßen. O ich hatte Kreuze … ich hatte fast mehr, als ich tragen konnte! So fing ich an, um die Liebe zu den Kreuzen zu bitten... dann wurde ich glücklich. Ich sage es wahrhaft: es gibt kein anderes Glück als dort…“°²
Vergebung ist nur in der Kraft Christi vom Kreuz aus möglich. In der Vereinigung mit Ihm, dem leidenden Herrn, schenkt Er uns die Gnade, das Unrecht anzunehmen, dem Nächst zu vergeben und ihm wieder als Kind Gottes gut zu sein.
Vergebung ist der Weg zum Himmel. Der Pfarrer von Ars hilft uns, diesen Weg zu
gehen.
16.08.2023 ih

°Aus: Monseigneur Convert, ma retraite avec le saint curé d’ars, Nachdruck 1998, S.144f, übersetzt ih
°²Jean-Maria Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S.222f