16. Sonntag im Jahreskreis 23.07.2023 Lesejahr A

„Der Menschensohn wird seine Engel aussenden und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gesetzloses getan haben, und werden sie in den Feuerofen werfen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten.“ Mt 13, 41ff

„Herr Pfarrer“, fragte ihn Raymond, „wie bringen Sie es fertig, mit ihrem heftigen Charakter so ruhig zu bleiben?“
„Ja, mein Freund, die Tugend fordert Ausdauer, ständiges Sich-Gewalt-antun und vor allem Hilfe von oben.“° Pfr. von Ars

Den Abschluss des heutigen Evangeliums würden wir am liebsten streichen oder wenigstens schnell überlesen. Aber das Wort des Herrn will immer Heil bringen, auch wenn es uns aufrüttelt und schmerzt.
Schon im Evangelium des letzten Sonntags hat der Herr vom Erdboden als Bild des Menschen gesprochen, der in unterschiedlicher Weise das Wort Gottes aufnimmt und Frucht bringt oder nicht. Heute führt Er uns tiefer hinein in das Verständnis, wie unser Weg nach Seiner Weisung gelingen kann.
Es ist gut, dass Herr uns gleich drei Gleichnisse erzählt, die sich in ihrer Aussage einander ergänzen.
Es gibt einen Feind, den Teufel, der die Saat Gottes in den Herzen verderben möchte, und zwar in allen Menschen. Es geht also nicht darum, Menschen in gute und böse aufzuteilen. Das ist allein die Aufgabe des Herrn am Ende der Welt. Der Herr will uns vielmehr auf diese Gefahr aufmerksam machen, damit wir wachsam sind und in Seiner Gnade wachsen. Er möchte, dass die Menschen im Reich des Vaters als Gerechte wie die Sonne leuchten. Das ist Seine Sehnsucht, für die Er Sein Leben am Kreuz hingegeben hat.
Aufmerksamkeit und Unterscheidungskraft ist also als erstes notwendig zum Wachstum des Wortes Gottes in uns.
Das Gleichnis vom Senfkorn kann uns Mut machen. Als kleinstes der Samenkörner wächst es von alleine und dient so den Vögeln. Die Gnade von oben ist das Allerwichtigste. Der Herr lässt wachsen. Es ist Sein Werk.
Aber unsere eigene Anstrengung muss dazukommen. Die Frau, die unter drei Sea Mehl Sauerteig knetet, muss schwer arbeiten. Das Hohlmaß Sea entspricht 13 Litern, also einer Menge von 39 Litern. Der Weg mit dem Herrn fordert die ganze Kraft des Menschen.

Mit zunehmendem Pilgerfluss nach Ars war der Heilige Pfarrer in mehrfacher Hinsicht überfordert. So hat ihm der Bischof von 1845-1853 Abbé Raymond zu seiner Entlastung zur Seite gestellt. Raymond war 20 Jahre jünger als der Pfarrer, der ihm sogar im Seminar sein Pensionsgeld bezahlt hatte. Raymond hatte ein Organisationsgeschick, leider jedoch einen sehr ungeduldigen, herrischen Charakter besonders auch seinem Vorgesetzten Vianney gegenüber, dessen Stelle er einnehmen wollte. Wenn er etwas haben wollte, verlangte er von seinem Pfarrer die Unterschrift: ich will es. Vianney antwortete dann: Nein, mein Freund, so kann man es nicht machen, man muss vielmehr beten.°²
Gegen jeden Versuch seiner Gemeinde, Raymond aus Ars zu entfernen, widersetzte sich Vianney heftig und verteidigte ihn. Ja, er schien ihn sogar zu lieben.
Im Zusammenleben mit Raymond gelang es Vianney, sich die von allen bewunderte Geduld anzueignen, obwohl er von sich aus leicht aufbrausend gewesen wäre und sich aufs Äußerste Gewalt antun musste, um geduldig zu bleiben. Raymond hat schließlich die Liebe und Größe Vianneys erkannt: „Sie haben mir so viele Dienste erwiesen, dass Sie mein Herz eingenommen haben.“°²
Der Herr schenkt uns Heilige, die uns authentisch den Weg der Nachfolge zeigen. Jean-Marie Vianney will uns auf unserem Weg mit dem Herrn mit seiner Fürsprache helfen.
Vertrauen darauf, dass der Herr auch uns im Reich Seines Vaters leuchten sehen möchte.
22.06.2023 ih

Aus: Francis Trochu, Der Pfarrer von Ars, 2001,S.414
René Fourrey, Le Curé d’Ars authentique, 2009, S. 235f übersetzt ih
°³ Francis Trochu, Der Pfarrer von Ars, 2001S. 420.