“Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.“ Mt 24,44
“Ich sage euch, dass das Gericht, weit entfernt davon den Christen in die Verzweiflung zu stürzen, ihn nur trösten wird. Er wird nicht einen strengen Richter finden, sondern seinen Vater und seinen Retter: ja, sein Vater, der ihn erwartet, um ihm den Schoß seiner Barmherzigkeit zu öffnen, damit er ihn an seiner väterlichen Brust empfängt.“ ° Pfr. von Ars
Die gewaltigen Aussagen unseres Herrn Jesus Christus erschüttern immer wieder bis ins Innerste. Ja, seine Ankündigungen können Angst auslösen.
So hat auch der Pfarrer von Ars in einer Predigt zum ersten Advent, dem der obige Text entnommen ist, in krassen Bildern die Schrecken des Jüngsten Gerichtes ausgemalt.
Aber war es wirklich die Absicht Jesu und auch des Pfarrers von Ars, den Menschen Angst und Schrecken vor Gott einzujagen?
Der Herr kennt die Schwäche des Menschen, der sich allzu schnell im Irdischen einrichtet, weil dies seinen Erfahrungen näher steht als Überirdische, dem er sich nur durch den Glauben nähern kann. Er kennt alle Sorgen und Nöte der Menschen, die lähmen können. Der Herr möchte Trost spenden im Ausblick auf ein Leben beim Vater im Himmel. Er selbst wird kommen und die Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen.
Aber dies ist kein Automatismus. Gott, der die Liebe ist, möchte vom Menschen in Freiheit geliebt werden. Dazu ist immer wieder neu eine Entscheidung für die Nachfolge des Herrn unerlässlich. Der Pfarrer von Ars weiß, dass nicht Gott uns verdammt, sondern unsere Sünden. Die Verdammten klagen nicht Gott an, sondern sich selbst°²
Vianney weist in seiner Predigt darauf hin, dass manchmal Menschen erst durch das Bewusstsein des Gerichts den Weg der Umkehr und der Heiligkeit konsequent gegangen sind.
Die Worte des Herrn wollen den Menschen davor bewahren, seine Erfüllung in der ewigen Herrlichkeit beim Vater zu vergessen und zu verlieren. Da Himmel und Erde für uns unvorstellbar sind, gebraucht Er starke Bilder, aus denen wir ablesen können, wie schrecklich es ist, ohne die Liebe des Vaters in der Ewigkeit zu sein.
In geradezu zärtlichen Bildern schildert der Pfarrer von Ars die Barmherzigkeit des Vaters, der sehnsüchtig auf den Menschen wartet, um ihm den Schoß Seiner Barmherzigkeit zu öffnen und an Seiner väterlichen Brust zu empfangen. Es ist eine mütterliche Zärtlichkeit, die Jean-Marie Vianney dem Vater zuschreibt, lange noch bevor die hl. Sr. Faustina Kowalska neu die Barmherzigkeit Gottes den Menschen ins Bewusstsein rufen durfte. So wird in der Basilika in Ars an jedem Sonntag um 15:00 Uhr die Stunde der Barmherzigkeit begangen und an jedem Freitag um 15:00 Uhr der Barmherzigkeitsrosenkranz gebetet. Es ist eine Einladung, schon jetzt aus der Barmherzigkeit des Herrn heraus zu leben, um mit Ihm das Ziel des Lebens, die Herrlichkeit beim Vater, zu erreichen und so die Sehnsucht des Herrn nach jedem von uns zu stillen. Der heilige Pfarrer von Ars wird uns dabei mit seiner Fürsprache helfen.
10.11.2022 ih
°Aus: http://jesusmarie.free.fr/jean_marie_vianney_cure_d_ars_sermons_tome1.html,
Adventssonntag, übersetzt ih
°² Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg, Bernard Nodet, 1959, S.293²