„In jener Zeit trat Johannes in der Wüste auf und verkündete: … Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen. In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.“ Mk 1,7ff
„Da er in seinen eigenen Augen so vernichtet und klein war, gefiel sich der Heilige Geist darin, diese Leere mit sich selbst zu erfüllen durch überströmende Erleuchtungen und Gnaden, die die Bewunderung jener Scharen von Pilgern hervorriefen, die aus allen Ländern kamen.“° Cath. Lassagne
Wüste, ein lebensfeindlicher Ort! Nazaret, ein unbekannter, bedeutungsloser Ort! Und doch wählt Gott gerade diese Orte auf, um von dort aus sein Heilswirken den Menschen zu offenbaren.
Dies weist auf die Entäußerung Jesu Christi hin, der hinabgestiegen ist auf die Erde und bis in den Tod, um uns hinaufzuführen in die Herrlichkeit Gottes.
Jesus, der ganz Mensch war, musste am Beginn Seines öffentlichen Wirkens sich mit freiem Willen dafür entscheiden, den Heilsplan des Vaters anzunehmen oder aber auch abzulehnen. Er musste um dieses Ja ebenso ringen wie wir alle. Er wurde in allem uns gleich.
Diese Seine totale Entscheidung zum Willen des Vaters macht Er öffentlich in Seiner Taufe im Jordan durch Johannes. Er entäußert sich bewusst Seiner eigenen göttlichen Kraft, um sich ganz vom Vater im Heiligen Geist abhängig zu machen. So lässt Er sich erniedrigen in jede Tiefe, jedes Dunkel hinein, um die Sünde der Welt auf sich zu nehmen, wiedergutzumachen und den erlösten Menschen zum Vater heimzuführen.
Und der Vater antwortet auf diese völlige Übereignung. Der Geist Gottes kommt auf Ihn herab und wird Ihn in allem führen. Bei Markus sah nur Jesus, dass der Geist auf Ihn herabkam. Es ist also zuerst eine Stärkung für Jesus als Mensch zum vor Ihm liegenden Weg. Der Vater bestätigt mit Wohlgefallen diese Entscheidung Seines geliebten Sohnes.
Noch ein zweites Mal wird der Vater Jesus als Seinen geliebten Sohn offenbaren, dann mit der Einladung, auf Ihn zu hören, und zwar bei der Verklärung am Berge Tabor (Mk 9,7).
In der Stunde vor Seinem Leiden hat Jesus sich nochmals ganz bewusst dem Willen des Vaters unterstellt. Er nimmt Sein Ja nicht zurück, auch wenn Er während Seines ganzen öffentlichen Wirkens immer wieder darum ringen musste. Seine Tränen über Jerusalem, das Seine Botschaft nicht annimmt, zeigen den tiefen Schmerz der scheinbaren Vergeblichkeit (Lk 19,41).
Und doch geht Er in der Kraft des Heiligen Geistes den Weg der Entäußerung weiter. Er geht ihn für uns und heute mit uns.
Catherine Lassagne, die engste Mitarbeiterin, hat das Geheimnis der Fruchtbarkeit des Wirkens ihres Pfarrers in Ars erkannt. Er hat nichts von sich selbst erwartet im Bewusstsein seiner völligen Unfähigkeit, aber alles vom Heiligen Geist. Und in diese Leere hinein konnte der Heilige Geist kraftvoll und wunderbar wirken.
Sind wir nicht manchmal mutlos, wenn alle unsere Anstrengungen scheinbar umsonst sind? So viele Bemühungen, so viel Hingabe und so wenig Interesse an einem Leben mit dem Herrn bei so vielen anderen. Es geht gar nicht um Erfolg, sondern um das Heil möglichst aller Menschen. Und da schmerzt Gleichgültigkeit und Ablehnung gegenüber dem Herrn alle, die die Freude am Herrn irgendwann verspürt haben und sie weitergeben möchten.
Genau in diesen Situationen ist uns das heutige Evangelium Kraft und Stärkung. Entscheiden wir uns mit dem Heiligen Pfarrer in all unserer Schwachheit immer wieder neu für den Herrn, der nicht zögert uns den Heiligen Geist zu senden. Auch eine Hingabe, die keine Früchte zu tragen scheint, ist vor Gott immer fruchtbar. Vieles sehen wir nicht. Aber nichts ist umsonst. Der Herr selbst stärkt uns in unserer Ohnmacht. Dies ist die Botschaft Seiner Taufe im Jordan.
12.12.2023 ih
Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959,S. 69