9. Sonntag im Jahreskreis 2.06.2024 Lesejahr B

„Und Jesus sagte zu ihnen: Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat.“ Mk 2,27

„Gott hat euch die Arbeit befohlen, aber er hat euch auch die Ruhe befohlen; er gebietet euch das Bitten, aber er verbietet euch die Ängstlichkeit…. Wir lesen im Evangelium, dass Jesus Christus, als er eines Tages Leute traf, die nur an die Bedürfnisse ihres Leibes zu denken schienen, ihnen sagte: Sorget nicht so sehr um das, was ihr essen oder womit ihr euch bekleiden werdet.“ Pfr. von Ars

Allzu leicht wäre es, sich über die Pharisäer zu erheben, die Anstoß daran nehmen, dass die Jünger Jesu an einem Sabbat Ähren abrupfen. Über solch eine Kleinigkeit kann man doch hinwegsehen, wenn jemand Hunger hat. Aber ihnen ist die Sabbatruhe heilig, weil die Befolgung dieses Gebotes auch die Anerkennung der Autorität Gottes ist.
„Wenn du durch das Kornfeld eines andern kommst, darfst du mit der Hand Ähren, abreißen, aber die Sichel darfst du auf dem Kornfeld eines anderen nicht schwingen.“ (Dtn 23,26) So lautete die Weisung des Mose. Es geht also nicht um das Ähren-abrufen, sondern um die Sabbatruhe, für die es viele Anweisungen gab. Aber genau das ist das Problem, zu entscheiden was Sabbatruhe ist und was nicht. Übergroße Ängstlichkeit kann das Leben unerträglich einengen. Zu weit gefasste Großzügigkeit kann den Sinn des Gebotes zur Sonntagsruhe verfehlen.
Jesus gibt hierzu eine eindeutige Antwort: der Sabbat muss dem Menschen dienen, aber unter dem Blick Gottes. Gottes Liebe hat dem Menschen die Ruhe am Sabbat/Sonntag zugedacht zu seinem irdischen Wohl, aber auch als Vorgeschmack auf die Ruhe beim Herrn in der Ewigkeit.
Während zurzeit Jesu eher eine Engherzigkeit den Sinn des Gebotes verdunkelte, war zur Zeit des Pfarrers von Ars wie auch in unserer Zeit teils eine völlige Nichtbeachtung dieses Gebotes an der Tagesordnung - zum Schaden des Menschen schon hier und jetzt.
Der Pfarrer von Ars hat unermüdlich auf die Einhaltung der Sonntagsruhe geachtet. Seine Predigten klingen teilweise hart und unnachsichtig. Aber diese Deutung trifft den Kern nicht.
Für ihn stand im Mittelpunkt die Liebe des sorgenden Gottes, der den Menschen alles gibt, was er zum Leben braucht. Die Weisungen Gottes sind die Richtschnur für ein gelingendes Leben schon hier. Die Einhaltung des Gebotes zur Sonntagsruhe erfordert ein absolutes Gottvertrauen.
Jean-Marie Vianney ist es gelungen, seinen Pfarrkindern dieses Gottvertrauen einzupflanzen. Abbé Renard erzählt, dass er einen Bauer auf die Probe gestellt habe mit Frage, warum er am Sonntag bei prächtigen Wetter nicht arbeitet, um die Ernte einzubringen, da die ganze Woche davor schlechtes Wetter war und Gefahr für die Ernte bestand.
„Ich fürchte nichts, antwortete er; der, welcher sie mir gegeben hat, ist mächtig genug, sie mir zu erhalten. Unser heiliger Pfarrer will nicht, dass wir am Sonntag arbeiten; wir müssen ihm gehorchen.“ °²
Gott hat diesen Gehorsam gesegnet. Die Wohlhabenheit der Bewohner von Ars wuchs ziemlich schnell, sodass auch in der Umgebung dieses Gebot immer gewissenhafter eingehalten wurde Man vertraute auf das Gebet des Pfarrers um gute Witterung.
Wir können nur beeindruckt sein über die guten Früchte der Einhaltung des Gebotes der Sonntagsruhe in der Pfarrei von Ars.
Gleichzeitig müssen wir uns selber fragen, wie wir dieses Gebot beachten. Wir sehen nur allzu deutlich die Aufweichung der Sonntagsruhe in unserer Gesellschaft. Auch wenn wir keinen Einfluss auf Gesetze und Mitmenschen haben, so müssen wir umso mehr die Liebe Gottes zum Menschen im Mittelpunkt dieses Gebotes sehen. Mit der Fürsprache des Pfarrers Ars wird es uns gelingen, den Sonntag zu einem Tag der Liebe zu Gott und zu den Menschen zu gestalten, nicht nach menschlichen Vorstellungen, sondern nach dem Willen Gottes.
1.05.2024 ih

Aus: Abbé H. Couvert, der Sonntag und die Woche in Ars zur Zeit des sel. Vianney, 1914 S.20
ebenda S. 26