6. Sonntag der Osterzeit 5.5.2024 Lesejahr B

„Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“
Joh 15, 12f

„Es gibt Menschen, die weinen, weil sie Gott nicht lieben. Gut so! Gerade sie lieben ihn.“ °Pfr. von Ars

Gottesliebe wird sichtbar in der Nächstenliebe. „Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht leben, den er nicht sieht.“ (1 Joh 4,20) So lehrt Johannes in seinem ersten Brief. Das Maß für unsere Liebe ist das Maß der Liebe Gottes zu uns.
Eigentlich müssten wir gleich die Heilige Schrift zuklappen, denn das können wir niemals erfüllen. Lieben, wie der Herr uns geliebt hat: von Geburt an abgelehnt, in einen Stall verwiesen, abgelehnt von der geistlichen Obrigkeit, abgelehnt von Menschen, die Zeugen so vieler Heilungen und Wunder sein durften, gekreuzigt außerhalb der Stadt - weg mit Ihm, wir wollen Ihn nicht, es reicht auch nicht, dass Er tot ist, vorher muss Er grausamst gequält werden. Der Herr aber liebt weiter. In Seinem Sterben haucht Er den Geist der Liebe über die ganze Welt aus. Unfassbar!
Vor dieser Liebe, die Gott selbst ist, können wir nur niederknien, sie anbeten, an die Brust schlagen und unsere Armseligkeit bekennen.
Aber was ist dann? Der Herr gibt uns kein Gebot, das wir mit Seiner Gnade nicht erfüllen könnten. Aber wie? Alle unsere Versuche der Nächstenliebe offenbaren uns doch immer wieder nur unsere Begrenztheit und Unvollkommenheit. Wie oft geht es dabei im Tiefsten um mich selbst unter dem Deckmantel bester Absichten.
Diese Unfähigkeit zur Liebe hat der Pfarrer von Ars in seinem eigenen Herzen schmerzhaft erkannt und sein Leben lang darunter gelitten. Tränen vergoss er ständig, nicht nur über die Sünden der anderen, sondern mehr noch über sich selbst. Und doch strömte von ihm himmlische Freude und Frieden aus, sodass oft ein einziger Blick von ihm ausgereicht hat, einen Sünder zur Umkehr zu führen.
„ Aus uns selbst sind wir nichts.“ °² Das wusste Jean Marie Vianney immer. Dieses Nichts hat er dem Herrn anvertraut, in Seine Krippe gelegt, zu Füßen Seines Kreuzes gebracht, in das vom Schwert durchbohrte Herz Jesu gelegt in einem ununterbrochenen Gebet. Auf diesen jegliche menschliche Kraft übersteigenden Weg wollte er damals seine Pfarrgemeinde und heute uns mitnehmen. Jeden Morgen sollen wir uns vor Augen führen, wer Gott ist und wer wir sind. Aber das soll nicht zur Entmutigung führen. Noch sind wir in der Osterzeit. Legen wir jeden Morgen und immer wieder tagsüber unser Nichts, unsere Ohnmacht, unsere Sünden in das Grab Jesu! Sterben wir geistig mit Ihm und der Vater wird uns auferwecken, so wie er Seinen Sohn auferweckt hat. Das ist der Weg der Einigung mit Gott, der Weg zur Vorbereitung auf den eigenen Tod, der uns endgültig in die Barmherzigkeit Gottes, in den mütterlichen Schoß Seiner Liebe führen soll. So wird die Feier der Auferstehung des Herrn in der Osterzeit Vorbereitung für unser Leben mit dem Herrn in der Ewigkeit. Im Ringen gegen die immer wieder auftauchende Gefahr der Entmutigung steht uns der Pfarrer von Ars bei. Christus ist Sieger - auch für mich, auch für dich.
2.04.2024 ih

Aus: °Jean Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S.85
°² ebenda S. 251