16. Sonntag im Jahreskreis 21.07.2024 Lesejahr B

„Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus! Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen.“ Mk 6,31

„Ich könnte sie (die Leiden) nicht ertragen und dabei arbeiten wie ich es bei so geringer Nahrung tue, ohne eine besondere Gnade…“°Pfr. von Ars

Hören wir nicht gerne die Einladung Jesu zum Ausruhen bei Ihm ganz allein, wenn wir kein Ende unserer Aufgaben sehen? Das trifft durchaus nicht nur auf Priester und Diakone zu. Aber zum Ausruhen kommt es für den Herrn und die Jünger nicht, da die Menschen zu Fuß von allen Seiten schneller waren als ihr Boot. Aus Mitleid mit den Menschen lehrt der Herr sie lange.
Eine Lösung des Problems von Einsatz und Ruhe gibt der Herr nicht.
Der Pfarrer von Ars war jahrzehntelang im vollen Dienst im Weinberg des Herrn mit einem Minimum an Schlaf und Nahrung, bei chronischen Krankheiten, ohne Rückzugsmöglichkeit. Nach eigener Aussage hat er gelitten, so viel er leiden konnte. Es war ihm bewusst, dass er dieses Leben nur mit einer besonderen Gnade Gottes führen konnte.
Trotzdem war es zu schwer für ihn. Dreimal versuchte er, Ars zu verlassen, zuletzt 1853. Flehentlich schrieb er an den neuen Bischof: „Meine Kräfte lassen ständig nach. Es steht so mit mir, dass ich die ganze Nacht in einem Sessel verbringen muss, sonst müsste ich jede Stunde drei- oder viermal aufstehen. Im Beichtstuhl bekomme ich Schwindelanfälle und erleide manchmal Ohnmachten, die zwei oder drei Minuten dauern. In Anbetracht meiner Krankheit und meines Alters, Bischöfliche Gnaden, bitte ich um Erlaubnis, Ars für immer verlassen zu dürfen.“°²
Die Zustimmung des Bischofs blieb aus, da er fürchtete, eine Todsünde zu begehen, für die er niemals Absolution erhalten könne, wenn er den Pfarrer von Ars gehen ließe.°³
Aber der dritte Fluchtversuch wurde der Gemeinde bekannt und konnte verhindert werden. Vianney erkannte die Versuchung Satans und ging sofort in Kirche und Beichtstuhl zurück.
Für uns unvorstellbar. Und doch litt Vianney darunter, nicht genug für die Rettung der Seelen getan zu haben.
Eine Lösung des Problems von Hingabe und Rücksicht auf die eigene Belastbarkeit gibt es nicht und kann es auch gar nicht geben. Hier berührt sich die Unbegrenztheit Gottes mit der Begrenztheit des Menschen, die bestehen bleibt, auch wenn die Gnade Gottes im Menschen übermächtig wirkt wie beim Hl. Pfarrer.
Aber ist dies nicht doch ein Weg zum Herrn, in der Erkenntnis der eigenen Begrenztheit und der Unbegrenztheit des allmächtigen Gottes zu wachsen? Es bleibt dann nur der Weg der Anbetung, Hingabe und des vollkommenen Vertrauens auf den Herrn allein. Er kann unsere Begrenztheit in Seine Allmacht hineinnehmen und weiter wirken, als wir dies je könnten.
Dies bedeutet allerdings nicht, den Weg des Heiligen Pfarrers zu gehen. Die Gnade dazu hat der Herr uns nicht gegeben. Aber es ist eine Einladung, immer wieder neu in all unserer Armut vor den Herrn hinzutreten und von Tag zu Tag darum zu bitten, unser Maß für Einsatz und Ruhe zu finden:
Der Pfarrer von Ars, der schwer an seiner Verantwortung und Arbeit gelitten hat, kennt unsere Nöte und wird uns im Gebet beistehen.
ih 14.06.2024

Aus: °Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S.116
°²Bruce Marshall, Der Pfarrer von Ars, 1958, S.72
°³ ebenda S.73