„In jener Zeit rief Jesus die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen Vollmacht über die unreinen Geister und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen“ Mk 6, 7f
„Man soll nie schauen, woher die Kreuze kommen: sie kommen vom lieben Gott. Es ist immer Gott, der uns die Möglichkeit gibt, ihm unsere Liebe zu beweisen.“° Pfr. von Ars
Radikaler könnte der Auftrag Jesu für die Mission seiner Zwölf nicht sein. Vorschnell darauf zu verweisen, dass damals die Zeiten anders waren, ist zu einfach. Wörtlich alles auf heute zu übertragen, ist ebenfalls zu einfach.
„Brennende Herzen und bewegte Schritte“ wie bei den Emmaus-Jüngern hat Papst Franziskus zum Weltmissionssonntag am 22.10.2023 für die Missionierung in den Mittelpunkt gestellt (Lk 24, 13-35) und damit auf Wesentliches hingewiesen. Entscheidend ist die totale Ausrichtung auf die Botschaft und die glühende Liebe des Herrn, für die nicht nur die Missionare, sondern jeder Christ Zeuge sein soll.
Angefragt ist tatsächlich eine Bedürfnislosigkeit im Vertrauen, dass Herr seine Boten mit allem Notwendigen versorgen wird. Wie diese Armut gelebt werden kann, ist niemals allgemein zu beantworten. Jeder muss immer wieder neu darum ringen, wie er ganz den Herrn und nicht seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt.
Jesus sendet Seine Apostel nicht einzeln aus, sondern jeweils zu zweit. Dies scheint ein ganz wesentlicher Aspekt zu sein. Über alle menschlichen Gesichtspunkte hinaus wie zum Beispiel Austausch und gegenseitige Hilfe, dient die Erfüllung des Auftrags zu zweit der geistlichen Umformung des Einzelnen.
Wir wissen, wie schwierig es oft ist, zu zweit in Einheit zusammen zu leben und zu arbeiten. Wie viel Spaltung, Streit - ausgesprochen oder unausgesprochen - entsteht dabei immer wieder! Schmerzlich erleben wir das zurzeit auch in unserer Kirche, die aber immer von Spaltung bedroht war.
Das brennende Herz, das uns hilft weitere Schritte im Missionsauftrag zu gehen, kann uns nur der Herr geben. Von unserer Seite aber ist eben auch ein Ja zur Kreuzesnachfolge gefragt.
Der Pfarrer von Ars hat gebrannt für die Missionierung in einem religiös darniederliegenden Lande und hat dabei gelitten, soviel er nur leiden konnte.
Bei immer größer werdenden Pilgerstrom und angeschlagener Gesundheit war er nicht mehr fähig, alle Bitten und Anfragen alleine zu bewältigen. So hat ihm sein Bischof Abbé Raymond als Hilfspriester 1845-1853 beigegeben. Dies war wohl für Vianney eine der größten Prüfungen in seinem Leben. Abbé Raymond war sehr selbstbewusst und eitel. Er wollte selber Pfarrer von Ars werden, um die Pilgerströme in Empfang zu nehmen. Wie selbstverständlich unterschrieb er Dokumente mit Curé d’Ars - Pfarrer von Ars. Er nahm die Wohnung von Jean-Marie Vianney in Anspruch und verwies den Pfarrer in das feuchte Erdgeschoss, was die Gemeindemitglieder dann doch verhindern konnten. Auch öffentlich erniedrigte er den Pfarrer, dessen Theologie nicht zeitgemäß sei. Und Jean-Marie Vianney ließ sich alles gefallen. Ja, er schien ihn sogar zu lieben, was die Gemeinde noch mehr empörte Er verteidigte Raymond gegen alle Versuche, ihn zu entfernen. Die Pfarrgemeinde schrieb einen Brief nach dem andern an den Bischof. Doch Vianney verteidigte Raymond: „Er sagt mir alle meine Wahrheiten. Und er hat mich noch nie geschlagen.“°²
Offensichtlich wurden die Schwierigkeiten mit Abbé Raymond auch für den Pfarrer von Ars im Laufe der Jahre zu viel, so dass er selbst einen Brief an den Bischof schrieb, um Raymond loszuwerden. Dann erinnerte er sich, dass es Freitag sei, an dem der Herr gelitten habe, und schickte den Brief nicht ab.
Die Kraft zu einem solchen Grad der Selbstentäußerung und des Gedemütigt-werdens erhielt der Pfarrer von Ars allein aus dem Blick auf das Kreuz, in dem er die unendliche Liebe des Herrn erkannte. Der Herr hat zuerst gelitten. Er hat auch alles schon ertragen, was ihm Raymond angetan hat. Im Annehmen dieses Kreuzes sah er die Möglichkeit, dem Herrn seine Liebe zu beweisen.
Zu einem solchen Grad der Hingabe sind wir wohl kaum fähig. aber in die gleiche Richtung dürfen auch wir schauen. Der Herr lässt zu, dass wir gedemütigt, erniedrigt, bedrängt werden. Er lädt uns ein, mit ihm dieses Kreuz, was ihn niedergedrückt hat, tragen zu helfen. Er hat Judas nach dem Kuss des Verrates noch als Freund angesprochen, sicher keine Floskel, sondern Ausdruck seiner brennenden Liebe trotz des Verrats.
Auf dem Weg zu dieser brennenden Liebe werden auch wir missionarisch sein, auch wenn wir nicht in die Welt hinausgehen. Der Pfarrer von Ars wird uns helfen, auf diesen schwierigen, aber doch einzig lohnenden Weg weiter zu schreiten.
11.06.2024 ih
° Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959S.224
°² Michael Marsch: Ich will dir den Weg zum Himmel zeigen, 2012,S. 137.