Weihnachten 2021 Lesejahr C

„Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.“ Lk 2,11ff

„Der Pfarrer von Ars gestand selbst, er habe von Natur aus einen heftigen Charakter gehabt, und er habe viele Gewalt anwenden müssen, um nicht auch bei Kleinigkeiten aufzubrausen. - Dann aber, wahrlich, hat er sicher viele Gewalt angewandt gehabt! Wir haben ihn doch, nicht einmal, sondern stets von der großen Menge drängen, stoßen, hin und her zerren sehen, und nie und nimmer haben wir auch nur die geringste Ungeduld, den geringsten Unwillen bei ihm bemerkt.“°

Wie sehr sehnen wir uns doch nach Frieden gerade in dieser jetzt so gespaltenen Kirche und Gesellschaft, besonders in der schon so lange dauernden Corona-Situation. Im Weihnachtsgottesdienst scheint sich uns der Himmel zu öffnen und wir hören den verheißungsvollen Gesang der Engel, der uns Frieden verspricht.

Wie wunderbar wäre es, wenn dieser Frieden wie Tau oder Schnee auf die ganze Erde fallen würde. Doch es ist unsere Erfahrung, dass auch nach Weihnachten wenig Frieden, dafür weiter viel Unfrieden zu spüren ist.

Nicht der Frieden steht am Anfang der Verkündigung, sondern das Kind, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Jedes Neugeborene wird in Windeln gewickelt. Diese Mitteilung enthält also nichts Ungewöhnliches. Der Bericht von Alltäglichem ist aber nicht Sinn der Heiligen Schrift, sondern die Botschaft, die uns damit geschenkt wird.

Wir haben uns viel zu sehr an die liebliche Atmosphäre von Weihnachten gewöhnt, sodass das Außergewöhnliche dadurch schwerer erfahrbar ist. Gottes Sohn, von Ewigkeit her beim Vater, diesem wesensgleich, ist eingezwängt in den Leib eines Kindes, in Materie, und noch mehr in Windeln, die Ihn einengen. Die Fatschenkinder früherer Zeiten geben uns davon ein lebendiges Bild. Dies ist die unvorstellbare Entäußerung Gottes, vor der wir voller Ehrfurcht und Erschaudern stehen. Und in dieser Erniedrigung, Einengung, Einschränkung fließt der Frieden vom Himmel auf die Erde.

Gott schenkt alles. Aber wir müssen bereit sein, Seine Gaben anzunehmen. Dies können wir vom Pfarrer von Ars lernen. Man könnte gar nicht glauben, dass er einen heftigen Charakter hatte, wenn er es nicht selbst gesagt hätte. Mit der Gnade Gottes ist es ihm gelungen, diese Heftigkeit so umzuwandeln, dass von ihm nur Frieden ausging, den er vom Herrn empfangen hat. So ist dieser Friede in seine Gemeinde und in die 100.000 Pilger, die ihn in den letzten Jahren aufgesucht haben, geströmt.

Es gibt genug Gelegenheiten, in denen wir in unterschiedlichem Grade heftig sind und  so den Frieden in uns und anderen blockieren.

Haben wir keine Angst vor unserer eigenen Schwäche und Heftigkeit. Jesus ist auf die Welt gekommen, um in die Enge unseres Seins zu steigen und in die Weite Seiner Geduld und Seines Friedens zu führen. Es ist gut für uns, dass der Pfarrer von Ars nicht von Anfang an diesen Frieden hatte. So kann er uns in unseren Schwierigkeiten und Schwächen vor Entmutigung bewahren und uns in seinen Frieden mitnehmen.
9.12.2021 ih

°Aus: Alfred Monnin, Leben des im Jahre 1859 im Rufe der Heiligkeit verstorbenen Pfarrers von Ars, Joh. Bapt. Maria Vianney, 2. Bd. 1863, S.455f