Palmsonntag 10.04.2022 Lesejahr C

„Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort ein Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her!“ Lk 19, 30

„Welches Beispiel, meine Brüder: ein Tier verliert das Leben, um seine Dankbarkeit zu bezeugen!... Und wir, weit entfernt davon, unsere Dankbarkeit Gott zu bezeugen, hören nicht auf, ihn durch die Sünde zu beleidigen.“ ° Pfr. von Ars

„Er rettet mich aus der Schlinge des Jägers, er befreit mich aus allem Verderben“, beten wir in der Fastenzeit im Responsorium der Laudes jeden Morgen. Freiwerden von Fesseln, vom Verderben ist die Sehnsucht des Menschen bis in die Ewigkeit hinein.

Im Evangelium zur Palmprozession soll das angebundene Fohlen des Esels losgebunden werden. Dieses Wort findet sich gleich viermal in diesem kurzen Text! Vier - die Zahl für die Welt, die in ihrer Ganzheit losgebunden werden soll vom ewigen Verderben!

Der Esel steht traditionsgemäß an Weihnachten an unseren Krippen, weil er zusammen mit dem Ochsen die Krippe seines Herrn kennt, Israel aber keine Erkenntnis hat (Jes 1,3). Öfters haben in der Heiligen Schrift eher die Tiere die Erkenntnis des Herrn als die Menschen, so auch der Esel Bileams, der früher als sein Besitzer den Herrn sah, zurückwich und dafür Schläge einsteckte (Num 22,25).

Auch der Pfarrer von Ars hat eine besondere Beziehung zur Natur, die  ihrem Gott oft mehr dient als die Menschen.

So erzählte er die Geschichte eines Reiters, der dem heiligen Ludwig im Kreuzzug gefolgt war. Bei der Jagd sah er einen Löwen, dessen Schwanz eine Schlange umschlungen und ihn zu fressen begonnen hatte. Dem Reiter gelang es, die Schlange zu töten. Der Löwe zeigte sich daraufhin so erkenntlich, dass er wie ein Lamm seinem Hirten folgte. Als der Reiter das Meer überqueren musste und der Löwe nicht in das Schiff konnte, schwamm er ihm so lange nach, bis er unterging.°

Mit welcher Innigkeit hat der Pfarrer von Ars diese Geschichte erzählt, um das Gewissen der Gläubigen wachzurütteln, sich von der Sünde befreien zu lassen und dem Herrn in Dankbarkeit zu dienen.

Genau dazu will uns auch der Herr führen. Er will uns losbinden von den Mächten der Unterwelt, in die Er in seinem Tod hinabsteigt. Er geht gleichsam unter für uns, um uns herauszuziehen aus dem ewigen Abgrund der Mächte des Bösen.

Bei allen Bedrängnissen gerade in der jetzigen Zeit schenkt der Blick auf den leidenden Herrn Hoffnung, Zuversicht und Vertrauen. Wir gehen dem Osterfest entgegen. Das Leid, so schrecklich es aussehen mag ist,  wird in der Auferstehung des Herrn überwunden zu einem Leben in Fülle. Gehen wir an der Hand des Pfarrers von Ars unseren persönlichen Leidensweg im Vertrauen hin zur Auferstehung des Herrn!

16.03.2022 ih

°Aus: Mgr. Trochu, Le Curé d’Ars Prédicateur Populaire, 1950, S.89, übersetzt ih