5. Sonntag in der Osterzeit 15.05.2022 Lesejahr C

„Als Judas vom Mahl hinausgegangen war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht und Gott ist in ihm verherrlicht (Joh 13,31).

„Er freute sich an allem, was mit der Erlaubnis Gottes gegen ihn gesagt wurde, „da er in den Verurteilungen der Welt die Segnungen des Himmels sah“… Er war bei dem Gedanken getröstet, dass man ihn sah „ mit den Füßen zertreten wie der Schlamm des Weges“ - er selbst hat sich eines Tages so ausgedrückt - sein Bischof würde nicht zögern, ihn so zu behandeln, wie er es verdiente, d. h. ihn von seiner Pfarrei verjagen. °

Im Verrat des Judas die Verherrlichung des Menschensohnes zu  sehen, übersteigt völlig unsere Vorstellungskraft.  Und doch schreibt Johannes es so in seinem Evangelium. Verrat ist in der Tat keine Verherrlichung.  Aber schauen wir nicht auf Judas, sondern auf den Herrn.

Mit Seiner Menschwerdung ist Jesus hinabgestiegen in eine für uns unvorstellbare Erniedrigung und Entäußerung, was bei der Idylle des Weihnachtsfestes meist nicht wahrgenommen wird. Er kam, um uns von unseren Sünden, von der Gottferne zu erlösen und ging immer  tiefer in diese Trennung des Menschen von Gott hinein. Den seelischen Schmerz dieses Abstiegs unseres Herrn können wir in unserer Begrenztheit nicht einmal erahnen. Aber Seine Gegenwart im dunkelsten Dunkel menschlicher Gottferne zieht den Menschen wieder hinein in Gottes Leben.

Die Sehnsucht Gottes nach dem Menschen wird durch diesen Weg Jesu Christi gestillt, sodass der Menschensohn verherrlicht wird und auch Gott in Ihm verherrlicht ist.

Am heiligen Pfarrer von Ars können wir sehen, in welche Richtung der Weg eines Jüngers Jesu gehen sollte. Auch das Verhalten von Jean-Marie Vianney ist für uns kaum verständlich.

Er war von vielen Seiten angegriffen: von Mitbrüdern durch klerikalen Neid, von Pfarrangehörigen durch ungeheuerliche Vorwürfe eines ausschweifenden Lebens. Er entschuldigte alle, obwohl er wusste, dass Gott durch diese Lügen beleidigt wird. Er selber aber sah sich vor Gott als ein Nichts an, sodass er mit der Verurteilung sogar einverstanden war.

Erstaunlich ist, dass der Pfarrer von Ars in dieser schwierigsten Phase seines Lebens den priesterlichen Dienst wie immer verrichtete mit großer geistlicher Fruchtbarkeit. In seiner Person hat er am Leiden Christi teilgenommen.

Auf diesem Hintergrund klingen die Worte Jesu fast unerträglich radikal: Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben (Joh 13, 34).

Und wir? Wie weit sind wir doch weg von dieser Liebe des Herzens Jesu! Eine kleine ungerechte Bemerkung kann uns doch schon aus unserem inneren Frieden herausreißen. Und schlimmer noch, wenn wir in diesem Unfrieden verbleiben.

Der Pfarrer von Ars und andere Heilige zeigen uns, dass auch für uns gebrechliche, schwache Menschen dieser Weg der Nachfolge Jesu möglich ist, aber eben nur im Blick auf den Herrn, in der Kraft des Herrn, in der Gnade des Herrn.

Die Osterzeit ist eine besondere Zeit der Gnade, in der wir von innen heraus neu geboren werden sollten. Schenken wir dem Herrn einfach unsere Sehnsucht, dass wir in all unserer Schwachheit uns wieder neu in seine Nachfolge stellen wollen. Bleiben wir im Bewusstsein unserer Schwachheit und Armseligkeit. So kann der Herr auch durch uns verherrlicht werden. Der Pfarrer von Ars hilft uns auf diesem Weg. Er weiß, dass bei Gott nichts unmöglich ist.
27.04.2022 ih

° Aus: Joseph Vianey, Le Bienheureux Curé d’Ars, 1923 , S.68, übersetzt ih