19. Sonntag im Jahreskreis 7.08.2022 Lesejahr C

„Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten…

Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr über sein Gesinde einsetzen wird, damit er ihnen zur rechten Zeit die Tagesration gibt? Selig der Knecht,  den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt!“ Lk 12, 36.42f

„Herr Pfarrer,… Wenn der liebe Gott es Ihnen freistellte, sofort in den Himmel einzugehen, oder aber noch hier auf Erden an der Bekehrung der Sünder zu arbeiten, was würden Sie da wählen?“ – „Ich glaube, mein Freund! Ich bliebe hier.“°

Warten und Wirken ist scheinbar eine unvereinbare Aufgabe, die der Herr Seinen Jüngern aufträgt. Mit brennenden Lampen und gegürteten Hüften sollen sie warten, d. h. mit ihrem ganzen Sein, ihrem ganzen Herzen, in ständiger Bereitschaft, sofort zu öffnen, wenn der Herr kommt und anklopft.

Warten wir überhaupt noch auf den Herrn? Seit 2000 Jahren ist Er nicht wiedergekommen. So ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass Er gerade jetzt, heute anklopft.

Im großen Glaubensbekenntnis, das leider viel zu selten bei uns gebetet wird, bekennen wir, dass der Herr in Herrlichkeit wiederkommen wird, im Lateinischen: venturus est, Er ist also wörtlich übersetzt der Wiederkommende. Der Herr kommt also auch jetzt schon, zwar noch verborgen, aber auf göttliche Weise voller Kraft. Die Blindheit unserer inneren Augen verbirgt uns oftmals den Herrn, der immer ganz in unserer Nähe ist. Wenn wir wartend immer wieder auf den Herrn schauen, werden wir Ihn intensiver  in unserem Leben erkennen und erfahren. Die Sehnsucht nach Seiner endgültigen Wiederkunft in Herrlichkeit wird wachsen.

Das Warten auf den Herrn gleicht aber nicht dem Warten auf den Zug auf einem Bahnhof, wo wir untätig und ungeduldig Ausschau halten.

In der Taufe sind wir Propheten, Könige und Priester im Dienst des dreifaltigen Gottes geworden. Wir sind mit Christus bekleidet und dürfen so an Seinem Dienst der Rettung unserer Mitmenschen teilnehmen, durch immer größere Einheit mit dem Herrn in einem Leben des Gebetes und der Hingabe.

Die Not der von Gott getrennten Menschen ist groß und die Gefahr einer völligen Überforderung derer, die sich in den Dienst des Herrn stellen,  ist ebenso groß. Der Herr aber möchte,  dass wir nur die Tagesration geben, also nicht unbegrenzt. Er selbst setzt also die Grenzen für das Mitwirken Seiner Jünger.

„Der Geist und die Braut aber sagen: Komm!“ (Off 22, 17). Dies ist das Sehnsuchtsgebet der Kirche am Ende der Heiligen Schrift im Warten auf den Herrn. Kurz vorher heißt es jedoch: „Wer Unrecht tut, tue weiter Unrecht, der Unreine bleibe unrein, der Gerechte handle weiter gerecht und der Heilige strebe weiter nach Heiligkeit“ (Off 22,11). So schmerzlich es ist, es werden nicht alle Menschen der Einladung des Herrn folgen. Unser Warten auf den Herrn soll jeden Augenblick erfüllen. Jetzt entscheidet sich, wie wir Ihn bei seiner Wiederkunft in Herrlichkeit empfangen werden.

Der Pfarrer von Ars war in tiefer Sehnsucht nach Gott erfüllt. Er wäre lieber Einsiedler in der Einsamkeit mit dem Herrn geworden und blieb doch seinem Dienst als Pfarrer treu. Und genau in diesem Wirken zum Heil so vieler Menschen hat er auf den Herrn gewartet. Er wird uns lehren, in unseren alltäglichen Aufgaben auch im  Warten auf den Herrn für das Heil unserer Mitmenschen zu wirken.

° Aus: Alfred Monnin, Leben des im Jahre 1859 im Rufe der Heiligkeit verstorbenen Pfarrers von Ars, Joh. Bapt., Maria Vianney, 2. Bd. 1863, S.419