6. Sonntag der Osterzeit 9.05.2021 Lesejahr B

 

„Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.“ Joh 15,9f

„Der Christ, geschaffen nach dem Ebenbild Gottes, erlöst durch das Blut eines Gottes! Der Christ, Kind eines Gottes, Bruder eines Gottes, Erbe eines Gottes! Der Christ, Gegenstand des Wohlgefallens der Drei göttlichen Personen! Der Christ, dessen Leib Tempel des Heiligen Geistes ist: das alles entehrt die Sünde.“°Pfr. von Ars

 

 

Welch eine Einladung des Herrn am heutigen Sonntag, in der Liebe Gottes zu bleiben! Das Ziel unserer Sehnsucht, unsere eigentliche Heimat! Aber die Tür zu dieser Bleibe in der Liebe Gottes sind die Gebote. So sagt es der Herr. Und da schrecken wir zurück, verbinden wir doch mit Geboten Enge, Einschränkungen, Mangel an Freude und Freiheit. Wir richten unseren Blick allein auf das, was wir nicht dürfen und was wir doch so gerne hätten. Der Ausgangspunkt dieser Gedanken ist unser eigenes Wollen.

Jesus aber hat jedoch als Zentrum seiner Lehre die Liebe des Vaters zu Ihm und durch Ihn auch zu den Jüngern vor Augen. Er ist in dieser Liebe geblieben, da Er die Gebote Seines Vaters gehalten hat – bis zum Kreuz. Und Er verkündet, dass Er dies gesagt hat, – „damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird“ (Joh 15, 11). Das Halten der Gebote führt also zur vollkommenen Freude, so Seine Aussage.

Glauben wir das eigentlich, vertrauen wir dem Herrn auch in diesen Worten? In jedem Fall werden wir empfinden, dass der Weg zu dieser vollkommenen Freude unsere Möglichkeiten, unseren Willen, unsere Kräfte übersteigt, ja geradezu menschenunmöglich erscheint. Aber der Herr lässt uns nicht allein. Seine Menschwerdung ist nicht nur einmal geschehen, sondern soll sich immer wieder neu in Seinen Jüngern, in uns ereignen. Nur in dieser Zusage können wir uns dem Herrn auf diesem Weg anvertrauen.

Der Pfarrer von Ars als der große Beter hat nicht die kleinen Wünsche des Menschen in das Zentrum seiner Verkündigung gestellt, sondern zuerst den Blick auf die Größe Gottes gerichtet mit der Erkenntnis, dass der Dreifaltige Gott den Menschen in diese Seine göttliche Größe und Herrlichkeit mit hineinnehmen möchte. Dieses Ziel des menschlichen Weges ist so wahrhaftig erstrebenswert.

Aber Gott lässt dem Menschen den freien Willen. Er schenkt ihm als Hilfe die Worte des Lebens, Seine Gebote. Nur als Folge der Erbschuld sehen wir die Gebote als etwas Einengendes an, während sie in Wirklichkeit der Weg zur Freiheit in Gott sind.

Und die Gebote hat Gott Selbst in Seiner Offenbarung geschenkt. Es steht daher nicht dem Menschen zu, diese Gebote als nicht mehr zeitgemäß zu interpretieren und so scheinbar aus guten Gründen zu verändern. Menschliche Erkenntnis und Wissenschaft kann keinen Blick in die göttliche Wirklichkeit werfen, sondern bleibt immer immanent. Unsere Sehnsucht aber überschreitet alle menschliche Erkenntnis und findet nur in Gott allein das Ziel.

Der Pfarrer von Ars hat den Himmel gekannt, als wenn er darin wohnen würde, waren seine Pfarrkinder überzeugt. Lassen wir uns auch gerade in diesen unseren aufgewühlten Zeiten vom Pfarrer von Ars in die Ruhe, den Frieden im Herrn in der Treue zu den Geboten mit hineinnehmen.
19.04.2021 ih


Aus: Jean Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg.  Bernard Nodet 1959, S.171