5. Sonntag der Osterzeit 2.05.2021 Lesejahr B

 

„Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt.“ Joh 15, 4

„Ich verdorre vor Missbehagen auf dieser Erde … Meine Ohren hören nur Dinge, die mir das Herz zerreißen … Ich habe keine Zeit, um zu Gott zu beten; ich halte es nicht mehr aus. Wie lang wird mir das Leben mit den Sündern! Wann werde ich bei den Heiligen sein? … Wenn ich gewusst hätte, was mich in Ars erwartete, wäre ich vor Furcht auf der Stelle gestorben.“°
Pfr. von Ars

 

Andreas und Johannes waren bei Jesus den ganzen Tag geblieben nach der ersten Begegnung mit Ihm (Joh 1,29). Der Herr hatte die Jünger berufen, damit sie bei Ihm blieben. Aber auch Menschen baten den Herrn bei ihm zu bleiben, so der Mann, der von Dämonen durch Jesus befreit worden war (Mk 5,18) und ebenso die Emmaus-Jünger (Lk 24,29).

Die Einladung Jesu geht noch weiter. Seine Apostel sollen in Ihm bleiben und Er in ihnen. Er will seine Jünger in das Leben der Allerheiligsten Dreifaltigkeit hineinnehmen. Diese Verheißung übersteigt menschliche Vorstellungskraft und weckt doch eine tiefe Sehnsucht nach dem Bleiben im Herrn.

Auf den ersten Blick erscheint alles leicht, wenn der Jünger im Herrn und der Herr im Jünger bleibt.

„Bleibt hier und wacht!“ (Mk 14,34). Dieser Einladung des Herrn, als Seine Seele zu Tode betrübt war, sind die Apostel nicht gefolgt. In der Stunde der Prüfung, des Leidens, der Kreuzigung sind sie geflohen, nicht weil sie nicht bei Ihm bleiben wollten, sondern weil sie schwach waren und es nicht konnten. Der Herr aber hat sich nicht von ihnen abgewandt. Er blieb im Gebet weiter bei den Aposteln und  bei jedem, der bei Ihm bleiben will, um immer wieder neu aufzurichten und neu zum Bleiben einzuladen.

Wie menschlich schwierig das Bleiben im Herrn ist, hat der Pfarrer von Ars zutiefst erfahren und hat es nur in der Gnade des Herrn ausgehalten. Auch er wollte beim Herrn sein, im Licht, in der Liebe, in der Barmherzigkeit. Aber beim Herrn sein, heißt immer auch, mit den dunklen Mächten von unten, mit der Sünde konfrontiert zu sein und mit dem Herrn darunter zu leiden. Auch der Pfarrer von Ars hat dieses Leid nicht aus eigener Kraft ertragen können. Dreimal versuchte er aus Ars zu fliehen, in die Einsamkeit, in das Schweigen, in die Gegenwart beim Herrn.  Als er jedoch erkannte, dass dies nicht dem Willen des Herrn entspricht, kehrte er zurück und blieb in Ars bis zu seinem Tode, bei seiner Pfarrei, bei den Sündern, beim Herrn.

Bitten wir heute ganz innig den Herrn, dass wir in Ihm bleiben in all unserer Schwachheit und Armseligkeit, allein im Vertrauen auf Seine stärkende Gnade. Bei diesem Anliegen unterstützt uns der Pfarrer von Ars mit seiner Fürbitte.

13.04.2021 ih

Aus: X.M. B***, Apostolischer Missionar, übersetzt von Dr. Adolph Plifke, Regensburg 1867, S. 127