31. Sonntag im Jahreskreis 31. 10.2021 Lesejahr B

„Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft.“ Mk 12, 29f

„Mein Gott, was bin ich, dass du mir befiehlst, dich zu lieben!“ °Pfr. von Ars

Ein Gebot, ja ein Befehl zu lieben! Ist das überhaupt möglich? Der Pfarrer von Ars ist geradezu hingerissen von diesem Befehl zur Liebe Gottes.

„Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.“

(1 Joh 4, 16). Die Trennung des Menschen von Gott durch den Sündenfall im Paradies hat Gottes Herz mehr getroffen als den Menschen. Diesen Schmerz Gottes sehen wir in Christus am Kreuz, insbesondere in Seinem durchbohrten Herzen. Gott hat sich alles kosten lassen, um den Menschen den Weg zurück in Seine Liebe zu schenken. So lädt Er uns immer wieder auf den Weg der Liebe ein, der aber nur über das Kreuz möglich ist. So ist sein Befehl eine dringende, ja bettelnde Einladung.

 Mit Liebe verbinden wir allzu oft Gefühl, das zu Gott da sein kann oder auch nicht, wie es viele Heilige in der dunklen Nacht des Geistes durchlitten haben.

Das Gebot der Gottesliebe ist Ausdruck des grenzenlosen Vertrauens des Vaters, das Er uns trotz unserer gefallenen Natur schenkt. Er hält uns weiterhin durch Seine Gnade für diesen Weg fähig.

In aller Sehnsucht nach dieser Liebe erfahren wir immer wieder leidvoll unsere Unfähigkeit zu lieben, ja empfinden oft auch geradezu darin eine Einengung unserer eigenen Wünsche. Wir können es einfach nicht, müssen wir immer wieder voller Trauer und Enttäuschung über uns selbst feststellen.

Aber genau diese Erfahrung ist Voraussetzung, in der Liebe Gottes zu bleiben.

„Was bin ich“, macht sich der Pfarrer von Ars immer wieder klar und wir mit ihm. In unserer ganzen Armut stellen wir uns vor Gott hin und bitten wieder und wieder, dass Er uns  Anteil an Seiner Liebe schenke, mit der wir Ihn, den Nächsten und auch uns selbst lieben können. Diese Gabe ist dann allerdings nicht mein Besitz, sondern muss immerzu fließen: vom Herrn zu mir, von mir zum Herrn, zum Nächsten. Die Liebe meint jeden persönlich und führt so zur Gemeinschaft mit Gott zurück in einer neuen, tieferen Weise als vor dem Sündenfall und auf diesem Weg auch zur Einheit untereinander, die manchmal in kleinstem Umfeld erfahrbar ist - wie ein Lichtstrahl, der aus der Ewigkeit zu uns hereinleuchtet. Das Bleiben in Gott und Gottes Bleiben in uns erflehe uns immer mehr der hl. Pfarrer von Ars.
6.10.2021 ih

° Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer on Ars, hrsg. Bernard Nodet 1959, s.84