„Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle! Seine Jünger erinnerten sich, dass geschrieben steht: Der Eifer für dein Haus wird mich verzehren.“ Joh 2,16f
Eines Tages bekam der gute Pfarrer Besuch von einem berühmten Dichter, welchen die Neugierde angezogen hatte. „Herr Pfarrer, sagte dieser beim Abschiede, ich habe Gott nie so nah gesehen.“ „Ja, wahrlich, antwortete der Pfarrer, er ist nicht fern,“ und zeigte dabei auf den Tabernakel. °
Gott ist verborgen in dieser Welt und doch möchte Er sich den Menschen zeigen in Seinem Schweigen, Seiner Liebe, Seiner Schönheit. In Jesus Christus ist Er sichtbar geworden: damals in Menschengestalt und jetzt als Gott und Mensch verborgen in der heiligen Eucharistie.
Es ist wenig hilfreich zu betonen, dass Gott doch überall ist und auch im Trubel eines Marktes oder auch bei unseren sonstigen Alltagsbeschäftigungen. Wir kennen unsere Ablenkbarkeit, die uns davon abhält, trotz guter Vorsätze ständig in der Gegenwart Gottes zu bleiben. Genau darum gab es schon im alten Bund zunächst das Offenbarungszelt und dann den Tempel als Ort der Begegnung mit Gott.
„Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße. Was wäre das für ein Haus, das ihr mir bauen könntet? Was wäre das für ein Ort, der meine Ruhe ist?“ (Jes 66,1). Und trotz der Unfassbarkeit Gottes für den Menschen hat Er Wege gefunden, Sich zu offenbaren. In der Schönheit, Stille, in den heiligen Gesängen im Tempel bleibt alles Alltägliche draußen und erleichtert so, Gottes Gegenwart zu erahnen oder gar zu erfahren.
Genau darum entrümpelt der Herr den Tempel von allem, was nicht hineingehört. Dieser Eifer bei der Reinigung des Tempels sogar mit Stricken erstaunt uns sehr, haben wir uns doch zu sehr das Bild eines sanftmütigen und geduldigen Erlösers zurechtgelegt. Aber es geht dem Herrn um alles.
Der Tempel ist vorausschauend ein Bild für Jesus Christus selbst, in dem Gott wohnt und dann auch für die Getauften, in denen Gott ebenfalls Wohnung nimmt.
So wie in der Nähe Jesu Christi die Menschen Gottes Güte und Liebe erfahren konnten, so war dies auch beim Pfarrer von Ars ebenso wie bei vielen anderen Heiligen möglich. In der Nähe eines Menschen plötzlich berührt zu sein von der Gegenwart Gottes: welch eine Gnade, welch eine Erfahrung. In seiner Demut weist Jean-Marie Vianney sofort auf den Tabernakel, von dem aus allein die Gegenwart Gottes in dieser Welt und auch in Menschen erfahrbar werden kann. Der Pfarrer von Ars hat viele Stunden in stiller Anbetung vor dem eucharistischem Herrn verbracht und war durchdrungen von Seiner Gegenwart. Gehen wir in dieser Fastenzeit ganz bewusst oft in die stille Gegenwart des Herrn im Tabernakel, damit Er auch in uns immer neu Wohnung nehmen und andere Menschen an Sein Herz ziehen kann. Der Pfarrer von Ars wird uns dabei helfen.
ih 10.02.2021
° Aus: J. Chantrel, Der Pfarrer von Ars, 1863, S. 49