„In jener Zeit zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er belehrte seine Jünger und sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird in die Hände von Menschen ausgeliefert und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen.“ Mk 9,30f
„Unser Herr bezeugt seine Liebe immer nur durch Leiden. Es scheint, als ob er sein Ziel ohne diesen Weg nicht erreichen könnte: es ist der einzige, der zum Himmel führt.“ °Pfr. von Ars
Jemandem seine Liebe durch Leiden erweisen, ist für uns rein menschlich eine Unmöglichkeit. Und doch ist dies ein tiefes Geheimnis im Erlösungswerk Jesu Christi.
Im Paradies hat der Mensch Gottes Weisung, d. h. Gott selbst abgelehnt in der irrigen Annahme, es selber besser zu wissen und zu können. Der tiefe Riss in der Verbindung von Schöpfer und Schöpfung, der damals entstand, ist bis heute überall leidvoll zu erfahren und zu spüren.
Das Schicksal des Menschen und der Schöpfung ist Gott jedoch nicht gleichgültig. Im menschgewordenen Sohn Gottes Jesus Christus sehen wir diesen Riss im durchbohrten Herzen Jesu am Kreuz, aus dem Blut und Wasser fließt. Es ist das Bild tiefsten Schmerzes, aber auch gleichzeitig Bild der tiefsten menschlich nicht auslotbaren Liebe Gottes. Gott nimmt in Jesus Christus den Schmerz dieses Risses auf sich, um genau durch diesen Schmerz Seine Liebe auf die Menschheit fließen zu lassen. Wir können es nicht verstehen. Das Leiden und die Liebe Gottes bleiben letztendlich für uns ein Geheimnis.
So geht Jesus mit Seinen Jüngern durch das heidnische Galiläa (Mk 4,15), holt sie also in der heidnischen Denkweise ab, um sie in das Geheimnis neuen göttlichen Lebens einzuführen. Er weiß, wie schwer der Mensch dies begreifen kann. So spricht Er zunächst auch nicht zu allen, sondern eben nur zu Seinen nächsten Vertrauten, den Jüngern, um sie fähig zu machen, später Seine Botschaft weiter zu tragen.
Der Herr stößt auf völliges Unverständnis, als Er von Seinem bevorstehenden Tod und der Auferstehung spricht. Durch die Annahme des Leidens, das durch den Sündenfall in die die Welt gekommen ist, wird der Herr das Übermaß Seiner Liebe fließen lassen, um die ganze Menschheit und Schöpfung zu heilen. Das ist schlichtweg unfassbar und wird es immer bleiben, nicht nur für die Jünger, sondern auch für uns.
Trotz des Unverständnisses der Jünger gibt der Herr in Seiner Geduld den Menschen nicht auf und versucht immer wieder neu, sie in das Geheimnis der Erlösung mitzunehmen.
Dieser Weg erfordert den Einsatz des Lebens, das Ja zum Leid im eigenen Leben, vor dem niemand verschont bleibt.
Der Pfarrer von Ars, der nach eigenen Aussagen so viel gelitten hat, wie er leiden konnte hat, hat den Zusammenhang von Leiden und Liebe Gottes zum Heil der Menschen auf dem Weg zum Himmel immer tiefer erkannt. Da er ihn selbst gegangen ist, konnte er so viele auf diesem Weg mitnehmen.
Achten wir auf uns selbst, wie viel Ablehnung des Leidens in uns ist, wie viel Anklage Gott gegenüber, wenn wir leiden müssen. Lassen wir uns vom Heiligen Pfarrer von Ars auf seinem Weg mitnehmen, damit auch durch uns der Herr Heil wirken kann.
19.08.2021 ih
Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S. 224