„Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“ Lk 2,49
„Er sprach oft über die wirkliche Gegenwart unseres Herrn in der Eucharistie und tat es mit einem solchen Ausdruck der Überzeugung, dass seine Worte ans Herz griffen. Manchmal ging ihm der Atem aus und er konnte nicht weiter.“ °
Faszination für Gott hat Jesus im Tempel erfahren und so Staunen bei Seinen Zuhörern und Eltern ausgelöst. Faszination für Gott löst aber auch Ratlosigkeit und Unverständnis aus, was aus den Worten Marias ersichtlich wird: Kind, warum hast du uns das angetan? Faszination für Gott ist für die Umwelt eine Herausforderung. Und doch sehnen wir uns nach dieser Begegnung mit Gott, die uns total in den Bann nimmt und verändert. Von Seinem Vater geht Jesus zurück in das Leben nach Nazareth, in den Gehorsam Seinen Eltern gegenüber, in die tägliche, unbeachtete Arbeit in der Werkstatt des hl. Josef. Nichts Außergewöhnliches geschieht viele Jahre lang und doch war dieses Weilen im Haus des Vaters wegweisend für das Leben Jesu. Die Sehnsucht nach dem Haus des Vaters hat Ihn dazu gedrängt, in den Herzen der Menschen die Sehnsucht nach dem Vater zu wecken, auch um den Preis Seines Leidens und Todes am Kreuz.
Von Jugend an war auch Jean-Marie fasziniert von Gott. „Mein Bruder war so glücklich, dass er das Zimmer, wo ihm das Glück der hl. Kommunion zum ersten Mal zuteilgeworden war, gar nicht mehr verlassen wollte.“ Das berichtet seine Schwester Margarete°². Am gleichen Tag kehrte Johannes-Maria mit seinen Eltern nach Hause zurück und verrichtete die Arbeiten in Hof und Feld. Auch bei ihm hat das Leben zunächst nichts Außergewöhnliches gezeigt. Und doch hat diese Begegnung mit dem Herrn in der ersten heiligen Kommunion sein ganzes Leben tief geprägt. Immer wieder versuchte er das Feuer der Liebe zum Herrn in der hl. Eucharistie in den Herzen der Gläubigen zu entzünden. Dies geschah weniger durch seine Worte als durch seine eigene Faszination an Gott, der sich so klein macht, um bei uns zu sein.
War diese große Gnade nur für Jesus und den Pfarrer von Ars und andere Heilige bestimmt? Was ist denn mit uns? Wie können wir Feuer fangen für den Herrn?
„Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn einer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und Mahl mit ihm halten und er mit mir“ (Off3,20). Jede Gnade geht vom Herrn aus. Er sehnt sich mehr danach, uns Seine Gnade zu schenken, als wir darum bitten.
Was also sollen wir tun? „Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopfet an und es wird euch geöffnet! Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet“ (Mt 7,7f). So wie der Herr bei uns anklopft, sind wir eingeladen, bei Ihm anzuklopfen. Sein Wort sagt uns Erhörung zu. Es kann viele Jahre dauern und durch viele schwierige Wege führen, bis die Faszination an Gott nach außen sichtbar wird und wirkt. Aber die Zusage Gottes ist unveränderlich und sicher.
Bitten wir mit dem Pfarrer von Ars immer wieder um diese Faszination an Gott. Hören wir nicht auf, beim Herrn anzuklopfen. Bleiben wir im Vertrauen, dass der Herr uns erhört, selbst wenn wir wenig davon sehen. Sollte der Herr nicht die Bitte um die Sehnsucht nach Ihm erhören, der nach uns eine unerschöpfliche Sehnsucht hat? Bleiben wir dabei in unseren alltäglichen Aufgaben und Pflichten. Der Vater weiß, wann und wie Er unsere Bitte erhört.
29.11.2024 ih
Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg Bernard Nodet, 1959, S.138
°²Francis Trochu, Der Pfarrer von Ars, 2001, S.36