„In jener Zeit fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei.“ Joh 2,1
„Der Vater hat sie mit Gaben des Himmels entsprechend der Größe der Würde, zu der er sie erheben wollte, reich gemacht, er bildet in ihr einen lebendigen Tempel der Personen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.“ °Pfr. von Ars
Dieser Bericht einer Hochzeit ist schon sehr ungewöhnlich. Die Braut kommt überhaupt nicht vor, der Bräutigam wird lediglich marginal erwähnt. Ihm wird das große Zeichen, das geschehen ist, mitgeteilt. Eine Reaktion von ihm erfahren wir nicht. Im Mittelpunkt steht dieses Brautpaar, wie bei einer Hochzeit sonst üblich, offensichtlich nicht.
Von Bedeutung aber ist, dass die Mutter Jesu dabei war. Dies wird gleich als erstes erwähnt und deutet damit auf eine besondere Wichtigkeit hin.
Dabeisein wird auch von der Weisheit bei der Erschaffung der Welt gesagt: „Als er den Himmel baute, war ich dabei,“ (Spr 8,27).
Maria rufen wir als Sitz der Weisheit in der Lauretanischen Litanei an. Die Bedeutung ihrer Anwesenheit geht also weit über Verwandtschafts- oder Freundschaftsverhältnisse hinaus. Wenn in ihr die Weisheit ist, so bedeutet das nach den Worten des Pfarrers von Ars, dass sie der lebendige Tempel der Drei göttlichen Personen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit ist. So wird sie erleuchtet, in jedem Augenblick das Rechte zu erkennen, dem Vater alles zu überlassen und entsprechend selbst zu handeln. Maria ergreift hier die Initiative. Sie sieht als erste, dass der Wein nicht reicht und so das Fest nicht gelingen kann. Das Brautpaar könnte Spott und übler Nachrede ausgesetzt sein. Ihr mitfühlendes Herz spürt jedoch jedes Leid, auch wenn es „nur“ irdische Belange betrifft. Sie, in deren Leib Gottes Wort Fleisch angenommen hat und damit sich für immer mit der Materie verbunden hat, sieht auch, dass das rein Weltliche mit Gott in Verbindung stehen kann oder auch nicht. Sie möchte, dass die Menschen auch in den weltlichen Erfahrungen das liebende Wirken Gottes erkennen. Wir dürfen durchaus annehmen, dass sie nicht wusste, wie ihr Sohn helfen würde, hatte sie doch auch die Worte des zwölfjährigen Jesus im Tempel nicht verstanden. Sie tut das, was sie als richtig in der Weisheit Gottes erkennt und überlässt alles ihrem Sohn.
An zweiter Stelle erst wird erwähnt, dass auch Jesus und seine Jünger zur Hochzeit eingeladen waren. Die Antwort Jesu zum Hinweis Seiner Mutter auf den Mangel an Wein erscheint recht schroff zu sein: Was willst du von mir, Frau (Joh 2,4). Aber genauso wird Er sie vom Kreuz aus ansprechen: Frau, siehe deinen Sohn! (Joh 19,26). Damit wird die tiefere Bedeutung dieser Anrede klar. Sie ist die Frau in Genesis. Zwischen diese Frau und die Schlange hat Gott Feindschaft gesetzt (Gen 3,15). Gott braucht den Menschen für Sein Erlösungswerk nicht, zeigt aber an Maria, dass Er ihn mit einbinden will. Sie ist von der Weisheit ganz erfüllt und stellt sich ganz Gott zur Verfügung ohne jegliche Einschränkung. Gott möchte, dass auch wir uns mit einbinden lassen trotz all unserer Armut und unserer Sündhaftigkeit.
Der Pfarrer von Ars hat seine Armut schmerzlich erkannt und darum immer wieder seine Zuflucht zu Maria gesucht. Er wurde nicht müde, seine Gläubigen einzuladen, mit ihm zu Maria zu eilen, zur eigenen Rettung und Rettung vieler.
So wird verständlich, dass das Brautpaar in Kana nicht im Zentrum des Evangeliums steht. Es geht um mehr. Gott möchte die Menschen neu zu einer innigen Verbindung, zum Hochzeitsmahl einladen. Eilen wir zu Maria, die uns auf die Fürsprache des Heiligen Pfarrers von Ars helfen wird, in ihrem Fiat, in der ihr geschenkten Weisheit, den rechten Weg zu erkennen und zu gehen.
21.12.2024 ih
Aus: °Mgr. René Fourrey, Le Curé d’Ars et la Vierge Marie,2009, S.55, übersetzt ih