„Da sagte Pilatus zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege.“ Joh 18,37
„Aber die Wahrheit! Sie ist unerschöpflich! Sie ist unversiegbar! Sie strömt von Leben! Sie ist glühender als dieses schöne Feuer.“ °Pfr. von Ars
„Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit!“ Wir kennen diesen Huldigungsruf an Christus, den es in der Kirche bereits seit dem achten Jahrhundert gibt. Er schenkt Vertrauen an den endgültigen Sieg Christi, an den Sieg über das Böse, an die Herrschaft Christi in Ewigkeit.
Vorerst sehen wir von diesem Sieg nicht viel. Es scheint oft so, dass bei uns andere Religionen und Ideologien mehr Interesse erregen als Jesus Christus. Es gibt einen erschütternden Abschied von Christus. Die Folgen für Kirche und Gesellschaft bleiben nicht aus. Zunehmend leiden wir unter Spaltungen, Zwietracht, ja sogar Hass. Umso wichtiger ist es, dass wir dieses Christkönigsfest mit großer Hingabe und Liebe feiern.
Seit Jahrhunderten war der Messias ersehnt, aber Er wird verkannt, als Er endlich auf der Welt ist. Die Vorstellungen der Menschen waren total anders. Er hat ihre Erwartungen nicht erfüllt. Er sollte beseitigt werden. Da nur die Römer das Recht zu einem Todesurteil hatten, musste eine Anklage gefunden werden, die vor dem römischen Recht standhält und das war die Anmaßung, König zu sein. Nun steht der Herr vor Pilatus, der diese schwierige Frage lösen soll. Er hat die Antwort nicht parat. Er fragt wirklich: Bist du der König der Juden? Auch als Jesus ihm Sein Königtum als nicht von dieser Welt deutet, das nicht mit weltlicher Macht verteidigt werden kann, bleibt er bei der Frage: Also bist du doch ein König? Pilatus scheint zu ahnen, dass es einen König jenseits dieser Welt gibt, der größer ist als der Kaiser in Rom. Bis zuletzt versucht Pilatus, Jesus freizusprechen: „Seht, euer König!“ „Euren König solch ich kreuzigen?“ (Joh19,14f). Aber vor dem Hass der Menschen kapituliert Pilatus und lässt Jesus kreuzigen.
Leicht ist es, sich über Pilatus zu erheben. Hätte er doch anders entschieden! Diese Gedanken aber offenbaren viel über uns selbst.
Wenn Jesus unser König ist, dann übergeben wir Ihm uns und unser ganzes Leben. Aber tun wir das wirklich?
Jesus ist dazu geboren und in die Welt gekommen, dass Er für die Wahrheit Zeugnis ablegt. Sein Königtum besteht also darin, die Wahrheit Gottes in die Herzen der Menschen einzupflanzen. „Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme“ (Joh 18, 37).
Auf den Herrn hören, ist der Weg in die Wahrheit Gottes. Christus hat diesen Weg gelehrt und gelebt. Er verkündet das, was Er vom Vater gehört hat, Er vollbringt das, was Er den Vater tun sieht. Er lebt in einer völligen Abhängigkeit vom Vater und ist damit frei von den Meinungen, Urteilen und Verurteilungen der Menschen. Damit berührt Er das große Problem der Menschen, die seit dem Sündenfall im Paradies Freiheit in einer Selbstbestimmtheit sehen, aber nicht in einer Abhängigkeit von Gott.
Jesus kennt die Menschen und weiß um ihre Schwierigkeiten, Ihm zu folgen.
Wenn wir mit uns selber ehrlich sind, werden wir bekennen müssen, dass wir – oft in bester Absicht – unseren eigenen Ideen folgen statt der Wahrheit des Herrn. Es gibt keinerlei Grund, sich über Pilatus zu erheben. Aber unsere Hoffnung ist der Herr selbst. Er hat mit uns eine unerschöpfliche Geduld und Barmherzigkeit. Immer wenn wir merken, dass wir aus der Spur der Nachfolge, von der Wahrheit des Seins göttlichen Lebens abgewichen sind, genügt ein Blick der Reue und der Hingabe. Der Herr nimmt uns an die Hand und führt uns weiter. Diese eigenwilligen Wege sollen uns nicht entmutigen. Durch sie bleiben wir in der Demut Christi. Der Pfarrer von Ars hat dies erkannt. Er sah sich als den größten Sünder. Aber er wusste, dass die Wahrheit unerschöpflich ist und von Leben strömt. Sich immer neu in der Wahrheit, die Christus selber ist, zu bergen und ausrichten zu lassen, war sein Weg. An seiner Hand kann es auch unser Weg sein.
17.10.2024 ih
Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S. 154