„Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.“
Lk 13,24
„Einst besuchte ihn ein Mann, dem das heitere Gesicht und die kräftige Gesundheit unseres Heiligen in merkwürdigem Gegensatz mit seinen bleichen Zügen und hagern Körper zu stehen schien. Man sprach über das ewige Leben. „Um in den Himmel zu kommen,“ scherzt unser Gast, „rechne ich etwas auf Sie. Sie werden gewiss Ihre Freunde nicht vergessen, und Ihnen ein gutes Teil von den Verdiensten Ihrer Fasten und anderen Bußübungen zuwenden. Ich denke, wenn Sie zum Himmel fahren, klammere ich mich an Ihren Rock.“ – „Das möchte ich mir aber freundlichst verbeten haben,“ erwiderte der heilige Greis. „Der Himmel hat ein sehr enges Pförtchen, und ich fürchte, – dabei blickte er mit schelmischem Lächeln auf die breiten Schultern seines Gastes, – dann würden wir beide davor bleiben müssen.“ – So unschuldig diese Bemerkung auch gemacht war, so fürchtete er doch, ob er nicht dadurch verletzt habe, und bat in der artigsten und demütigsten Weise um Entschuldigung.“°
Das Wort von der engen Pforte zum Himmel hören wir eigentlich nicht so gerne, macht es uns doch Angst, wenn wir ehrlich sind. Werden wir durch die enge Pforte gelangen, wo wir doch ständig mit unserer eigenen Armseligkeit konfrontiert sind?
Die humorvolle Weise des Pfarrers von Ars mit diesem Thema umzugehen ist uns sehr sympathisch. Jean-Marie Vianney liebte Humor in seinen Gesprächen. Wir müssen einfach mitlächeln, wenn wir uns das Gesicht des Besuchers vorstellen.
Und doch können wir aus dieser Episode ganz Wesentliches von ihm zu diesem Thema erfahren.
Der Pfarrer von Ars wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass der Weg zur Heiligkeit einerseits die Demut und nochmals die Demut ist und andererseits das Vertrauen auf die unendliche Barmherzigkeit Gottes ist, die er mit einem aus den Ufern getretenem Strom vergleicht, der die Herzen auf seinem Weg mitreißt.
Dies wird uns in der Reaktion des Pfarrers von Ars hier besonders deutlich. Aus Furcht, durch seinen Humor sein Gegenüber verletzt haben, flüchtet er sich zur Demut und Liebe und entschuldigt sich innigst.
Der Pfarrer von Ars weiß, dass wir gar nicht ohne Sünden durch das Leben gehen können, wie sehr wir uns auch bemühen. Ein Weg bleibt uns immer: unsere Armut anzuerkennen und zu Jesus zu gehen, dessen gütiges Herz ein Meer an Barmherzigkeit ist, wie Jean- Marie Vianney sich ausdrückt. Diese Annahme der eigenen Bedürftigkeit fällt uns immer wieder schwer, würden wir doch viel lieber großartige Leistungen vorweisen. Aber genau durch diese Enge müssen wir gehen, um so von der Weite des Herzens Gottes umfangen zu werden.
31.07.2019 ih