10. Sonntag im Jahreskreis 11.06.2023 Lesejahr A

„Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Geht und lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer! Denn ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.“ Mt 9,12f
„O, so äußerte sich der Pfarrer von Ars häufig, „o, hätte ich gewusst, was es heißt, Pfarrer sein; statt je ein Pfarrhaus zu beziehen, hätte ich mich lieber in ein Trappistenkloster gerettet.“ °


Nach dem großen Osterfestkreis und Pfingsten sind wir nun wieder im Jahreskreis angekommen, in dem die Erlösungsgeheimnisse Frucht bringen sollen. Der Herr wurde Mensch und kam auf diese Welt, um sie durch Tod und Auferstehung für das ewige Leben beim Vater zu retten. Er hat alles vollendet. Gott hat uns ohne unsere Zustimmung geschaffen, möchte uns aber nicht ohne unsere Zustimmung erlösen.
So gibt der Herr für die Kirche und auch für jeden, der in Seiner Nachfolge lebt, den Missionsauftrag, Menschen in Sein Reich zu führen. Er selbst zeigt uns den Weg dazu. Matthäus, ein Zöllner, hat gewiss nicht zu den Gerechten gehört. Jesus geht auf ihn zu und lädt ihn zur Nachfolge ein. Erstaunlich, dass Matthäus sofort aufsteht und Ihm folgt. Jesus führt Matthäus offensichtlich in dessen Haus und lädt sich gleichsam selber ein.
Diese Geste ermuntert viele andere Zöllner und Sünder bei Matthäus zum Essen zusammenzukommen. Der Herr belehrt nicht, hält ihnen nicht ihre Vergehen vor, sondern sucht einfach die Gemeinschaft mit den Sündern.
So trauen sie sich, die von den „gerechten“ Pharisäern gemieden werden, jetzt mit dem Herrn in Kontakt zu kommen. Und ihr Leben wird verwandelt. Matthäus hat uns das wunderbare Evangelium geschenkt, dem der heutige Text entnommen ist. Es ist gleichsam eine Liebeserklärung an den Herrn, der ihn aus dem Abseits in das Zentrum göttlicher Liebe gerufen hat.
Der Pfarrer von Ars hat sein ganzes Leben eingesetzt, um Sünder zur Umkehr zu führen und ihnen den Weg zum Himmel zu zeigen. Er hat dabei das Leben Jesu Christi immer mehr zu seinem eigenen gemacht. Alfred Monnin, der als Missionar Jean Marie Vianney gut kannte, berichtet über ihn:
„Das Herz Vianney‘s gehörte ganz seinen Pfarrkindern. Er liebte sie, wie eine Mutter ihr Kind nur lieben kann, und er liebte sie nicht nur, er wusste sie auch zur Gegenliebe anzufachen. Es kam schon nach und nach bald dahin, dass die Bewohner von Ars fast nur e i n e Besorgnis kannten: die Besorgnis ihn zu betrüben. Eben diese Furcht war es, die bei vielen mehr zur Verhütung von Ungebührlichem beitrug, als selbst die Stimme des Gewissens.“°
Und doch war dies nur möglich, weil der Pfarrer von Ars seine Gemeinde ständig mit seinem Gebet und seinen Bußübungen umgeben hat und bereit war, viele Enttäuschungen und Verletzungen anzunehmen, so dass auch er oft an seine Grenzen kam. Seine Liebe ging wie die Liebe des Herrn durch das Kreuz.
Fragen wir uns selbst ganz ehrlich, wie oft wir negativ andere beurteilt haben, weil sie keinen Glaubensweg gehen, der Kirche und den Sakramenten fernbleiben. Und wenn wir für sie beten, geschieht dies dann aus Liebe oder vielleicht doch aus einem Gefühl des Überlegen-seins? Lassen wir uns vom Pfarrer von Ars mit hineinnehmen in die Liebe des Herzens Jesu, das durch den Lanzenstich geöffnet wurde. So wollte der Herr uns ständig und für immer durch seine Liebe erwärmen, damit wir sie auch durch unsere Schmerzen weitergeben können.
14.05.2023 ih

Aus: Alfred Monnin, Leben des im Jahre 1859 im Rufe der Heiligkeit verstorbenen Pfarrers von Ars, Joh. Bapt. Maria Vianney, 1863, 1. Bd., S. 189
°² ebenda: S. 184